Leitsatz (amtlich)
1. Wird bei Übertragung von Grundbesitz ein Nießbrauch bestellt, der zunächst den Übertragenden zu ideellen Bruchteilen und nach dem Tod des Erstversterbenden dem Überlebenden allein zustehen soll, so liegen mehrere Nießbrauchsrechte vor, die entsprechend zu bewilligen sind.
2. Außer einem Nießbrauch für die Bruchteilsberechtigten ist unter einer weiteren laufenden Nummer ein aufschiebend bedingtes Nießbrauchsrecht für den Längstlebenden im Grundbuch einzutragen.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-9 T 432/06) |
Gründe
Die Antragsteller haben am 19.12.2005 zu URNr. .../2005 ihres Verfahrensbevollmächtigten einen Vertrag geschlossen, durch den sie u. a. das betroffene Grundeigentum in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht haben. In dem Vertrag haben die Antragsteller außerdem bewilligt und beantragt, u. a. zu Lasten des betroffenen Grundbesitzes Nießbrauchsrechte zu ihren Gunsten mit der Maßgabe einzutragen, dass ihnen die Nießbrauchsrechte jeweils zur ideellen Hälfte zustehen, solange sie beide leben und dass der Längerlebende von ihnen nach dem Tode des Erstverstorbenen alleiniger Nießbrauchsberechtigter ist (Bl. 75,76 d. A.). Unter dem 02.01.2006 hat der Verfahrensbevollmächtigte neben der Eigentumsumschreibung auf die GbR die Eintragung der Nießbrauchsrechte zu Gunsten der Antragsteller beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 12.04.2006 (Bl. 91 d. A.) einen Urkundsnachtrag verlangt, da das Nießbrauchsrecht in dieser Form nicht eingetragen werden könne. Die Berechtigten müssten entweder als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB eingetragen werden oder es seien zwei Rechte einzutragen, ein Recht für die Nießbraucher zu je ein Halb sowie ein aufschiebend bedingtes Recht in Gesamtberechtigung.
Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte die Auffassung vertreten hat, eine Sukzessivberechtigung sei in der von ihm beantragten Form eintragungsfähig und deshalb kein Nachtrag erforderlich, auch handhabe die Praxis diese Frage unterschiedlich, hat das Grundbuchamt den Antrag der Antragsteller auf Eintragung eines Nießbrauchs mit Beschluss vom 19.07.2006 (Bl. 102 d. A.) aus den Gründen der Zwischenverfügung zurückgewiesen.
Dieser Auffassung ist auch das Landgericht gefolgt und hat die Beschwerde der Antragsteller mit Beschluss vom 11.01.2007 (Bl. 121-124 d. A.) als unbegründet zurückgewiesen. Da das Nießbrauchsrecht nicht übertragbar und nicht vererblich sei, könne der Anteil des Erstversterbenden nur durch eine Neubegründung des Nießbrauchsrechts in diesem Umfang dem Längerlebenden zuwachsen. Die Neubegründung und das Erlöschen des ursprünglichen Nießbrauchs schlössen eine Identität der Ansprüche aus. Daher seien der Bruchteilsnießbrauch und der aufschiebend bedingte Nießbrauch des Längerlebenden nach § 44 GBO mangels Inhaltsgleichheit als selbständige Rechte im Grundbuch unter verschiedenen laufenden Nummern einzutragen.
Mit ihrer weiteren Beschwerde rügen die Antragsteller die These des Landgerichts als formalistisch. Es gäbe kein Dogma, dass die Identität eines Rechts mit der seines Inhabers stehe und falle. Bei übertragbaren Rechten stehe außer Zweifel, dass ein Wechsel des Rechtsinhabers die Identität des Rechts nicht berühre, auch könnten sich die Beteiligungsverhältnisse eines mehreren Berechtigten in Gemeinschaft zustehenden Rechts während seines Bestehens ändern, ohne dass deshalb ein neues Recht entstünde. Da sich bei Umwandlungen von Gesellschaften, denen ein Nießbrauchsrecht eingeräumt wurde, durch den Wechsel des Rechtsinhabers auch nichts an der Identität des Nießbrauchsrechts ändere, sei es nicht einzusehen, warum nicht durch Bedingungen und Befristungen auch eine Sukzessivberechtigung an einem Nießbrauchsrecht begründet werden könne. Es sei nicht zu erkennen, welchen Nutzen die Eintragung mehrerer Nießbrauchsrechte haben könne, insbesondere werde mit der Anerkennung einer Sukzessivberechtigung die nötige Rechtsklarheit nicht beeinträchtigt.
Die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 und 3 GBO formgerecht eingelegte und auch sonst zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht ( §§ 78 GBO, 546 ZPO).
Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bei der hier gegebenen Fallgestaltung für den Bruchteilsnießbrauch und den aufschiebend bedingten Nießbrauch des Überlebenden selbständige Rechte unter verschiedenen laufenden Nummern einzutragen sind. Da Eintragungsbewilligung und Eintragungsantrag in der Urkunde vom 19.12.2005 jedenfalls nicht eindeutig diesen Inhalt haben, hat das Grundbuchamt ohne Rechtsfehler einen Urkundsnachtrag im Sinn einer Klarstellung verlangt. Da die von den Antragstellern in ihren Rechtsmitteln vertretene Auffassung deutlich gemacht hat, dass die Eintragung nur als ein Recht unter einer Nummer begehrt wird, musste dies zur Zurückweisung des Antrags auf Eintragung der Nießbrauchsrechte führen.
Der Nießbrauch ist nach § 1059 BGB zwingend unübertragbar und erlischt...