Leitsatz (amtlich)
Ab dem 1.1.2023 ist eine Anpassung der bislang im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main als angemessen anzusehenden Stundensätze für Nachlasspfleger bei der Verwaltung nicht mittelloser Nachlässe veranlasst.
Tenor
Auf die befristete Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 22.11.2023 abgeändert.
Für die Tätigkeit des Beteiligten zu 1) in der Zeit vom 28.02.2022 bis 26.05.2023 wird eine aus dem Nachlass zu erstattende Vergütung in Höhe von 2.983,07 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 358,79 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) macht Vergütungsansprüche aus seiner Tätigkeit als Nachlasspfleger geltend.
Die Erblasserin war ledig und hatte keine Kinder. Ein Cousin hatte die Erbschaft mit Erklärung vom 11.11.2021 gegenüber dem Nachlassgericht ausgeschlagen (Bl. 43 d.A.). Weitere gesetzliche Erben im Inland sind bislang namentlich nicht bekannt geworden.
Mit Beschluss vom 26.11.2021 hat das Nachlassgericht Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 1) zum Nachlasspfleger bestellt, wobei es festgestellt hat, dass die Nachlasspflegschaft berufsmäßig ausgeführt wird (Bl. 44 d.A.). In seinem Bericht vom 08.06.2022 verwies der Beteiligte zu 1) auf eine vermüllte und ungeräumt dem Vermieter übergebene Wohnung der Erblasserin hin. Des Weiteren habe die Erblasserin über einen PKW, eine kleinere Briefmarkensammlung und Sammelmünzen verfügt, die veräußert wurden. Betreffend eine Lebensversicherung mit Bezugsberechtigung für ein Tierheim in Stadt1 sei die Schenkung widerrufen und die Versicherungssumme dem Nachlass zugeführt worden. Offene Kredite konnten durch eine Restschuldversicherung getilgt werden. Die Höhe des Nachlassvermögens wurde mit ca. 7.000,- EUR mitgeteilt (Bl. 71 d.A.).
Der Beteiligte zu 1) beantragte am 26.05.2023 die Festsetzung seiner Vergütung für die Zeit vom 28.02.2022 bis zum 26.05.2023 in Höhe von insgesamt 3.229,07 EUR, wobei er einen Stundensatz in Höhe von 90,- EUR zugrunde legte. Zur Höhe des Stundenlohns hat er geltend gemacht, es habe sich wegen der vermüllten Wohnung und der Beiziehung der Lebensversicherung nicht um einen Normalfall einer mittelschweren sondern um eine schwere Abwicklung gehandelt. Des Weiteren überzeuge die Rechtsprechung des Senats, die zwischen der Metropolregion und dem Umland differenziere, nicht.
Die Beteiligte zu 2) hat im Rahmen der Anhörung als Verfahrenspflegerin die Abrechnung hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes beanstandet. Es habe sich nicht um eine schwere, sondern allenfalls um eine durchschnittliche Nachlassabwicklung gehandelt, so dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats ein mittlerer Stundensatz in Höhe von 80,- EUR angemessen scheine.
Mit Beschluss vom 22.11.2023 hat das Nachlassgericht die Vergütung in Höhe von 2.870,28 EUR unter Berücksichtigung eines Stundensatzes in Höhe von 80,- EUR festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Senats bezogen.
Gegen diesen Beschluss, der dem Beteiligten zu 1) am 28.11.2023 zugestellt worden ist (Bl. 123/127 d.A.), hat dieser mit Telefaxschreiben vom 06.12.2023 Beschwerde eingelegt (Bl. 127 d.A.) und diese am 11.03.2024 begründet (Bl. 133 d.A.). Mit der Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) seinen Vergütungsanspruch unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 90,- EUR weiter. Zum einen sei die Abwicklung als schwer einzustufen. Jedenfalls überzeuge die Ballungsraumtheorie des Senats nicht. Der Standort des Büros werde im Gesetz nicht als Kriterium für die Bemessung der Höhe des Stundensatzes angeführt. Es werde auf die Schwierigkeit der zu erledigenden Geschäfte und die für die Pflegschaft nutzbaren Kenntnisse abgestellt. Auch sei die pauschale Betreuervergütung bundesweit einheitlich geregelt. Jedenfalls sei nunmehr eine Anpassung der Vergütungshöhe mit Blick auf die merkliche Kostensteigerung und eine Inflationsrate des Jahres 2023 von 6 % veranlasst. Der Senat habe in der Entscheidung vom 25.08.2020 (21 W 105/20) eine Überprüfung in angemessen Zeitabständen für geboten erachtet, die sich an den Stundensätzen für vergleichbare Tätigkeiten seitens des Gesetzgebers zu orientieren habe.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 22.05.2024 nicht abgeholfen sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 136 d.A.).
II. Auf die zulässige Beschwerde war der Beschluss des Nachlassgerichts abzuändern. Dem Beteiligten zu 1) war eine Vergütung unter Berücksichtigung eines Stundensatzes in Höhe von 95 EUR für seine Tätigkeit ab dem 01.01.2023 zu bewilligen.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses bei dem Nachlassgericht eingegangen (...