Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 06.08.1981; Aktenzeichen 6 S 413/80) |
AG Offenbach (Aktenzeichen 37 C 2434/80) |
Tenor
Die Bestimmung in einen vom Vermieter verwandten Formularmietvertrag über Wohnraum, daß der Mieter verpflichtet ist, unbeschadet einer während der Mietzeit durchgeführten Renovierung rechtzeitig vor seinem Auszug die Räume auf seine Kosten renovieren zu lassen, ist unwirksam.
Gründe
Die Beklagte hatte vom 15.4.1977 bis zum 30.11.1979 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wohnung gemietet. Nach § 13 Ziff. 1 des Mietvertrages vom 29.3./13.4.1977, dem ein von der damaligen Vermieterin, der … für eine Vielzahl von Verträgen benutzter Formularvertrag zugrunde liegt, „hat der Mieter rechtzeitig vor seinem Auszug die Räume – unbeschadet einer während der Mietzeit durchgeführten Renovierung – auf seine Kosten renovieren zu lassen. Für den Umfang dieser Renovierungsarbeiten gilt § 8 Ziff. 4 Satz 2 entsprechend”. § 8 Abs. 4 Satz 2 lautet: Zu den Schönheitsreparaturen gehören auch der Innenanstrich der Türen, Fenster, Fußböden und Heizkörper sowie die Ausbesserung von Schäden der Wände und Decken und am Bodenbelag.
Die Beklagte hat die ihr nach dem Mietvertrag obliegenden Renovierungsarbeiten nicht durchführen lassen. Das Amtsgericht hat sie zur Zahlung der Renovierungskosten verurteilt; hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Das Landgericht hat dem Senat aufgrund Art. III Abs. 1 des 3. Mietrechtsänderungsgesetzes folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Verstößt folgende Vereinbarung im Formularmietvertrag vom 29.3.1977 gegen § 9 AGB-Gesetz:
§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2: Unbeschadet einer während der Mietzeit durchgeführten Renovierung hat der Mieter rechtzeitig vor seinem Auszug die Räume auf seine Kosten renovieren zu lassen. Für den Umfang dieser Renovierungsarbeiten gilt § 8 Ziffer 4 Satz 2 entsprechend.
Das Landgericht hält diese Bestimmung für wirksam, weil sie den Mieter nicht unangemessen benachteilige, sieht sich an einer dem entsprechenden Entscheidung aber durch den Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.2.1981 (OLGZ 81.211 = NJW 1981.1049 = MDR 81.584) gehindert, in dem ausgesprochen ist, daß die Bestimmung eines vom Vermieter verwandten Formularmietvertrages über Wohnraum, nach der der Mieter verpflichtet ist, die Mieträume bei Beendigung der Mietzeit renoviert zurückzugeben, unwirksam ist.
Die Vorlage ist zulässig. Der erst nach dem 31.3.1977 geschlossene Mietvertrag unterliegt den am 1.4.1977 in Kraft getretenen Bestimmung des AGBG, da das Landgericht erkennbar davon ausgeht, daß die Vertragsbedingungen zwischen den Parteien nicht im einzelnen ausgehandelt worden sind. Dann trifft die Ansicht des Landgerichts zu, daß die vorgelegte Rechtsfrage durch Mietentscheid des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.2.1981 bereits entschieden ist; von ihr will das Landgericht, abweichen.
In der Sache ist allein über die Frage zu entscheiden, ob die für das Vertragsende getroffene Regelung über Durchführung von Renovierungsarbeiten wirksam ist, nicht aber auch darüber, ob die in § 8 Ziff. 4 des Mietvertrages getroffene Regelung über die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam ist und ob der Klageanspruch auf deren Fälligkeit gestützt werden kann.
Der Senat teilt die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Hamm. § 13 Ziff. 1 des Mietvertrages hat die Rückgabe einer völlig renovierten Mietsache zum Ziel und geht damit über die Regelung der während, der Vertragsdauer sonst durchzuführenden Schönheitsreparaturen hinaus. Dann aber liegt eine Abkehr von dem aus den §§ 556, 548 BGB ersichtlichen gesetzlichen Leitbild vor. Damit wird die Besinnung des § 9 AGBG anwendbar (§ 9 AGBG). Gemäß § 9 AGBG ist die Bestimmung des § 13 Ziff. 1 des Mietvertrages dann unwirksam, wenn sie den Mieter entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das ist der Fall, weil diese Regelung den Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen völlig außer Acht läßt (OLG Hamm, a.a.O. m.w.N.). Sie bringt damit dem Mieter erhebliche Nachteile, die im Widerspruch zu dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung stehen. Diese geht dem Gerechtigkeitsgebot entsprechend dahin, daß der Mieter bei Ende der Mietzeit nicht verpflichtet ist, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen und vergüteten Gebrauch eingetreten sind, bei Rückgabe der Mietsache zu beseitigen. Diesem Nachteil steht auch kein Vorteil des Mieters gegenüber. Anders als bei einer, in der Rrgel die Höhe des Mietzinses beeinflussenden Regelung, durch die die laufenden Schönheitsreparaturen während der Vertragszeit mit dem Ziel, einen zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand der Mietsache zu erhalten, dem Mieter überbürdet werden, ist hier nicht ersichtlich, daß die Regelung des § 13 Ziff. 1 des Mietvertrages Einfluß auf die Mietzinskalkulation gehabt hat. Zumindest bei Abschluß des Mietvertrages ist regelmäßig nicht voraussehbar, ob die Regelung des § 13 Ziff. 1 zu einem Zeitpunkt eingreifen ...