Leitsatz (amtlich)
1. Zur Kausalität der Überrumpelung für den Vertragsschluss im Rahmen eines Haustürgeschäfts.
2. Zu den Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs nach § 3 HWiG.
3. Kein Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG bei Vorliegen eines Realkreditvertrages nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG.
4. Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts können nur solche Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist.
Normenkette
HwiG § 1; HWiG § 3; VerbrKrG §§ 3, 9; Haustürwiderrufsrichtlinie § 4; ZPO § 768
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.07.2006; Aktenzeichen 2-25 O 112/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 18.7.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Antragsteller begehren Prozesskostenhilfe für eine Vollstreckungsgegenklage. Sie haben zu Steuersparzwecken zwei Eigentumswohnungen erworben und zur Sicherung der Darlehen, mit denen sie den Kaufpreis finanzierten, Grundschulden bestellt. Aus diesen betreibt die Antragsgegnerin zu 3) die Zwangsvollstreckung. Das LG hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 18.7.2006, der den Antragstellern am 24.7.2006 zugestellt wurde, mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 23.8.2006 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsteller.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insb. an sich statthaft (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) sowie form und fristgerecht eingelegt worden (§§ 569, 127 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Sie hat in der Sache indes keinen Erfolg, weil das LG die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat.
1. Der beabsichtigten Zwangsvollstreckung steht nicht entgegen, dass die abgesicherten Darlehensforderungen nicht bestehen. Insbesondere können die Darlehensverträge nicht nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen werden. Dabei kann dahin stehen, ob ein solcher Widerruf bereits wirksam erklärt wurde und ob überhaupt ein Widerrufsgrund vorlag, ob also der Vertrag auf der Überrumpelung in einer Haustürsituation beruht. Selbst wenn man beides zugunsten der Antragsteller annimmt, fehlt es zumindest an einem schlüssigen Vortrag zur Kausalität der Überrumpelung für den Vertragsschluss. Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers besteht bei Haustürgeschäften nur, wenn ihre Willenserklärung im entscheidenden Beweggrund durch die Haustürsituation veranlasst worden ist. Dabei genügt zwar eine Mitverursachung, doch ist erforderlich, dass der Vertrag ohne die Überrumpelung nicht oder zumindest nicht so zustande gekommen wäre. Ist die Vertragserklärung nicht unmittelbar in der Haustürsituation abgegeben worden, so muss im Einzelfall geprüft werden, ob das durch die Verhandlungen in der Privatwohnung geschaffene Überraschungsmoment noch fortgewirkt hat. Dazu ist enger zeitlicher Zusammenhang nicht unbedingt erforderlich: Liegt er vor, so kann auf das Fortwirken zwingend geschlossen werden. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand aber nimmt die Indizwirkung ab und entfällt schließlich gänzlich. In diesen Fällen kann auf die Kausalität der Überrumpelung nur noch durch Würdigung aller Umstände im Einzelfall geschlossen werden. Im vorliegenden Fall fehlt jeder nachvollziehbare Vortrag der Antragsteller zum zeitlichen Ablauf der dem Vertragsschluss vorausgegangenen Gespräche. Ohne eine solche kann das Vorliegen der für das Widerrufsrecht erforderlichen Ursächlichkeit nicht geprüft werden.
Letztlich kann dies aber ebenfalls dahin stehen. Auch wenn man die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts nach dem Haustürwiderrufsgesetz zugunsten der Antragsteller unterstellt, folgt daraus kein Rückzahlungsanspruch gegen die Antragsgegner.
Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz ist die Pflicht beider Vertragsparteien zur Rückgewähr des aus dem Vertrag Erlangten (§ 3 HTWG). Zwar könnten die Antragsteller damit Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Raten verlangen, diesem eigenen Zahlungsanspruch stünde indes ein Anspruch der Antragsgegner auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zzgl. marktüblicher Verzinsung entgegen. Diesen eigenen Rückzahlungsanspruch können die Antragsgegner dem Zahlungsanspruch der Antragsteller entgegen halten (dolo-facit-Einrede).
Eine andere Form der Vertragsrückabwicklung ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des verbundenen Geschäfts (§ 9 VerbrKrG). Danach wären die Darlehensverträge und die Kaufverträge als Einheit zu betrachten, so dass die Antragsteller so zu stellen wären, als hätten sie aus dem Gesamtgeschäft nicht das Darlehen, sondern nur die Eigentumswohnungen erlangt und wären damit auch nur zu deren Rückübereignung verpflichtet. § 9 VerbrKrG kann auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden.
Abgesehen davon, das...