Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Vollstreckung einer Rückführungsanordnung bei drohendem körperlichem oder seelischem Schaden für das Kind

 

Normenkette

HKÜ Art. 13 Abs. 1

 

Tenor

I. Eine Vollstreckung der Rückführungsanordnung aus dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stadt2 vom 8.10.2021 (Geschäftsnummer ...) in der Fassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16.12.2021 findet derzeit nicht statt.

II. Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

III. Der Verfahrenswert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. 1. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Vollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stadt2 vom 8.10.2021, mit dem dieses die Antragsgegnerin verpflichtet hatte, das gemeinsame Kind der Beteiligten, A, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Wirksamkeit des Beschlusses nach Connecticut, Vereinigte Staaten von Amerika, zurückzuführen. Für den Fall, dass die Antragsgegnerin der Verpflichtung nicht nachkommen würde, hatte das Gericht angeordnet, dass sie verpflichtet sei, das Kind zum Zwecke der sofortigen Rückführung in die USA an den Antragsteller herauszugeben. Unter anderem wurde zum Vollzug der Rückführungsverpflichtung angeordnet, dass der Gerichtsvollzieher beauftragt und ermächtigt wird, A nach Ablauf der genannten Frist von sechs Wochen der Antragsgegnerin wegzunehmen und sie dem Antragsteller an Ort und Stelle zu übergeben. Das zuständige Jugendamt des Landkreises Stadt3 wurde gemäß § 9 Abs. 1 IntFamRVG darauf hingewiesen, dass es verpflichtet sei, Vorkehrungen zur Gewährleistung der sicheren Herausgabe des Kindes an den Antragsteller zu treffen und das Kind nach Vollstreckung der Herausgabe gegebenenfalls vorläufig bis zur Rückführung in die Obhut einer für geeignet befundenen Einrichtung oder Person zu geben. Ferner wurde in dem Beschluss festgehalten, dass eine Vollstreckungsklausel nicht erforderlich sei. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 16.12.2021 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Rückführung in die Vereinigten Staaten von Amerika zu erfolgen hat.

2. A wurde am XX.XX.2019 in Connecticut, USA, geboren. Die Beteiligten hatten lediglich eine kurze Beziehung miteinander geführt, jedoch zu keinem Zeitpunkt einen gemeinsamen Haushalt geführt. Der Antragsteller erfuhr erst im Nachhinein von der Geburt des Kindes. Er leitete vor dem Obersten Gericht in Stadt1, Connecticut, ein Verfahren ein mit dem Ziel, die Vaterschaft für das Kind anzuerkennen und die gemeinsame elterliche Sorge auszugestalten. Im Rahmen dieses Verfahrens erarbeiteten die Eltern einen Plan für die elterliche Verantwortung vom 28.7.2020. Darin erkannte der Antragsteller zu Ziffer 1. die Vaterschaft an, die Antragsgegnerin stimmte zu. Zu 2. heißt es: Die Parteien teilen sich das gesetzliche Sorgerecht für ihr minderjähriges Kind. Unter 3. Elternschaftsplan wurde eine umfassende Umgangsregelung des Vaters mit dem Kind getroffen. Danach sollte der Vater u.a. im ersten Lebensjahr des Kindes einen Umgang haben dienstags und donnerstags von 17.00 bis 19.00 Uhr und an den Wochenenden samstags von 10.00 bis 15.00 Uhr. Die Umgangszeiten sollten von den Eltern einvernehmlich auch anderweitig vereinbart werden können. In den darauffolgenden Lebensjahren des Kindes sollten diese Umgangszeiten schrittweise ausgedehnt werden. Mit Beschluss vom 28.9.2020 wurde diese Vereinbarung der Beteiligten von dem Obersten Gericht im Gerichtsbezirk Stadt1 gebilligt und zu einer gerichtlichen Verfügung gemacht (AZ: (...). Mit Zustimmung des Antragstellers reiste die aus Deutschland stammende Antragsgegnerin am 3.8.2020 mit dem minderjährigen Kind in die Bundesrepublik Deutschland, u.a. um dort ihre Mutter zu besuchen. Die Rückreise in die USA hätte im Oktober 2020 erfolgen sollen. Die Antragsgegnerin verblieb jedoch mit dem Kind in Deutschland.

Daraufhin stellte der Antragsteller am 14.11.2020 einen Antrag auf Rückführung aufgrund einer internationalen Kindesentführung bei den zentralen Behörden in Washington D.C., USA.

Auf Anraten des Bundesamts für Justiz als Zentralbehörde zur Behandlung internationaler Kindesentführungen stimmten beide Beteiligte einem Mediationsverfahren zu. Die Mediation begann im Januar 2021 und wurde von dem Träger B eV durchgeführt. Eine einvernehmliche Regelung konnte jedoch nicht gefunden werden.

Daraufhin leitete der Vater das vorliegende Rückführungsverfahren bei dem Amtsgericht Stadt2 ein.

Die Antragsgegnerin stellte sich dem Antrag des Antragstellers entgegen.

Sie wandte im Wesentlichen ein, ihr sei eine Rückführung des Kindes in die USA weder möglich noch zumutbar, da sie über keine gültige Einreiseerlaubnis verfüge. Die Ehe mit ihrer Ehefrau, Frau C sei zerrüttet. Die Scheidung sei beabsichtigt. Ohne ihre Begleitung sei die Rückgabe des Kindes mit der schwerwiegenden Gefahr eines insbesondere psychischen und seelischen Schadens für das Kind verbunde...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge