Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsvollstreckung: Beseitigung eines Störungszustands durch Einwirken auf Dritte
Leitsatz (amtlich)
1. Im Zwangsvollstreckungsverfahren ist der Gläubiger durch die Verhängung von Ordnungsmitteln auch dann beschwert, wenn er zwar keine - vom Gericht unterschrittenen - Mindestangaben zur Höhe der Ordnungsmittel gemacht hat, sich jedoch aus der Begründung des Ordnungsmittelbeschlusses ergibt, dass der Gläubiger sein Rechtsschutzziel nicht vollständig erreicht hat; dies ist insbesondere der Fall, wenn der Vollstreckungsantrag auf mehrere angebliche Verstöße gestützt war und das Gericht in einem dieser gerügten Verstöße keine Zuwiderhandlung gegen den Titel gesehen hat.
2. Die sich aus einem Unterlassungstitel ergebende Pflicht, zur Beseitigung eines fortwirkenden Störungszustandes im Rahmen des Zumutbaren auf Dritte einzuwirken (vgl. BGH GRUR 2017, 208 - Rescue), besteht nur insoweit, als der Schuldner Kenntnis von dem von ihm veranlassten Störungszustand hat und mit einem titelverletzenden Verhalten des Dritten ernstlich rechnen muss (im Streitfall verneint).
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Gießen (Entscheidung vom 05.10.2017; Aktenzeichen 8 O 19/17) |
Tenor
1.) Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
2.) Beschwerdewert: 2000.- EUR
Gründe
I. Das Landgericht hat dem Antragsgegner durch Beschluss vom 20.4.2017, der durch Urteil vom 5.10.2017 bestätigt wurde, aufgegeben, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Personenbeförderungen nach § 49 PBefG mit einer Mobilfunknummer anzubieten und/oder zu bewerben, wie in der Anl. K1 zur Antragsschrift ersichtlich.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 31.07.2017 insgesamt sechs Handlungen des Antragsgegners als behauptete Verstöße gegen die einstweilige Verfügung zum Gegenstand ihres Ordnungsmittelantrages gemacht. Dies betrifft zum einen den Eintrag für den Antragsgegner auf dem Internetauftritt der "D" (Anl. K1), den Hinweis auf den Antragsgegner im Rahmen des Betriebs des Anruf-Linientaxis der Gemeinde A (Anlage K 2) sowie einen Werbeflyer hierzu (Anl. K3), den Hinweis auf den Antragsgegner auf einer Internetseite für C ... (Anl. K4), den Hinweis auf den Antragsgegner auf den Internetseiten der Gemeinde C (Anl. K5) sowie die Annahme eines Beförderungsauftrages durch einen Anruf auf der Handynummer des Antragsgegners.
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 5.10.2017 gegen den Antragsgegner ein Ordnungsgeld i.H.v. 500 EUR wegen des Eintrages in den "D" verhängt und den weitergehenden Ordnungsmittelantrag hinsichtlich der weiteren fünf behaupteten Verstöße zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der das Landgericht nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin ist der Auffassung, auch die Annahme eines Telefonats sei vom Kern der Unterlassungsverpflichtung aus der einstweiligen Verfügung erfasst. Der Begriff des Anbietens sei als Antrag auf Abschluss einer Beförderungsvertrages zu verstehen, so dass auch die entsprechende Annahme eines Auftrags auf dem Mobiltelefon einen Verstoß darstelle. Im Hinblick auf den Werbeeintrag auf der Internetseite der Gemeinde C habe der Antragsgegner bestimmenden Einfluss auf die dortige Anzeige gehabt; dies ergebe sich daraus, dass er nach Einleitung des Ordnungsmittelverfahrens entsprechende Abänderung habe vornehmen lassen.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die fünf weiteren behaupteten Verstöße gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts als nicht gegeben angesehen.
1.) Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin beschwert. Eine Beschwer ist auch dann anzunehmen, wenn der Gläubiger bei der Straffestsetzung gem. § 890 ZPO die festgesetzte Strafe für zu niedrig hält. Hier hat die Antragstellerin zwar auch im Beschwerdeverfahren keine explizite Summe genannt; aus der Beschwerdeschrift ergibt sich jedoch, dass ihrer Auffassung nach die Feststellung weiterer Verstöße zu einem höheren Ordnungsgeld führen würde. Dass die Antragstellerin dieses Ziel nicht konkret beziffert hat, ist unschädlich, da auch ausreichend ist, wenn sich aus der Begründung ergibt, dass ihr Rechtsschutzziel mit dem festgesetzten Ordnungsgeld nicht erreicht ist (BGH NJW 2015, 1829 [BGH 19.02.2015 - I ZB 55/13]). Im Übrigen ist die Antragstellerin durch die Kostenentscheidung beschwert, die darauf beruht, dass das Landgericht nur einen der behaupteten Verstöße als gegeben erachtet hat.
2.) Soweit die Antragstellerin einen Verstoß darin gesehen hat, dass auf den Internet-Seiten der Stadt A unter der Rubrik Stadtbus & ÖPNV unter Nennung der Mobil-Nummer der Antragsgegner auf das Anruf-Linientaxi (ALT) hingewiesen worden ist, kann dahinstehen, ob die Antragsgegner überhaupt für diese Inhalte verantwortlich ist. Mag zwar nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2017, 208 - Rescue) die ...