Entscheidungsstichwort (Thema)
Absehen von der Bestellung eines Mitvormunds zur Vertretung für 17-jährigen in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten
Normenkette
BGB §§ 1775, 1791b
Verfahrensgang
AG Königstein (Beschluss vom 25.09.2014; Aktenzeichen 11 F 620/14) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde nach Anhörung des Betroffenen das Ruhen der elterlichen Sorge mit der Begründung festgestellt, dass die Eltern die elterliche Sorge auf längere Zeit nicht ausüben könnten, da sie in Äthiopien in einem Dorf ohne Telefonanschluss lebten und eine Kontaktaufnahme mit ihnen nicht möglich sei.
Gleichzeitig wurde das Jugendamt des ...-Kreises zum Amtsvormund bestellt und die Bestellung eines Mitvormunds oder Ergänzungspflegers für die asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten abgelehnt.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Bestellung lägen auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben nicht vor.
Mit seiner am 27.10.2014 beim AG eingegangenen Beschwerde verfolgt der Amtsvormund sein Begehren weiter, dass für den Wirkungskreis der asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten ein Rechtsanwalt als Mitvormund bestellt werden solle. Dem Amtsvormund fehle es an der entsprechenden Qualifikation insbesondere im Hinblick auf asyl- und ausländerrechtliche Fragen. Außerdem verfüge er nicht über spezifische Erkenntnisse über die Herkunftsländer der eingereisten unbegleiteten Minderjährigen.
Die europarechtlichen Regelungen erforderten, dass der dem Minderjährigen zu bestellende Vormund "geeignet" sein müsse; dies bedeute, dass der Vormund selbst über die nötigen Spezialkenntnisse verfügen müsse, damit er den Minderjährigen ordnungsgemäß vertreten könne. Diese Kenntnisse lägen beim Amtsvormund nicht vor. Rechtsanwälte seien darüber hinaus im Regelfall nicht bereit, zu den Sätzen der Beratungs- oder Verfahrenskostenhilfe tätig zu werden. Dem Jugendamt fehlten die Mittel zur Beauftragung eines externen Anwalts.
Wegen der Beschwerdebegründung im Übrigen wird auf Bl. 24 ff. verwiesen.
Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben. Der Amtsvormund ist, da er sich gegen seine Auswahl und Bestellung als alleiniger Vormund wendet, gem. § 59 FamFG beschwerdeberechtigt.
In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet; das AG hat nach Bestellung des Jugendamts zum Amtsvormund gem. § 1791b BGB zu Recht von der Bestellung eines Mitvormundes zur Vertretung des 17 Jahre alten Jugendlichen in asyl- und ausländerrechtliche Angelegenheiten abgesehen.
Nach § 1775 S. 2 BGB soll das Familiengericht im Regelfall nur einen Vormund für das Mündel bestellen. Mehrere Vormünder sollen nur dann bestellt werden, wenn besondere Gründe dies erfordern. Solche Gründe liegen nach Auffassung des Senats nicht vor. Insoweit wird Bezug genommen auf die Entscheidung des 5. Familiensenats des OLG Frankfurt vom 17.6.2014 (5 UF 112/14), in der dieser ausführt:
"Auch der Umstand, dass das Jugendamt der Auffassung ist, den Amtsvormündern fehle für bestimmte Aufgaben die (juristische) Sachkunde, ist nicht geeignet, die Bestellung mehrerer Vormünder zu rechtfertigen (Senat vom 2.12.2013 FamRZ 2014, 673). Bei der Vielfältigkeit der Aufgabenstellung im Bereich der Personen- und Vermögenssorge könnte ansonsten die Bestellung mehrerer Vormünder zum Regelfall werden. Schon aufgrund der gesetzlichen Konstruktion - das Jugendamt kann sich grundsätzlich gegen die Bestellung zum Vormund nicht wehren (vgl. Palandt § 1791b Rz. 1 BGB) - ist davon auszugehen, dass das Jugendamt zur Führung der Vormundschaft ggf. unter Einschaltung geeigneter Hilfspersonen geeignet ist. Im Übrigen gehört es zu den Pflichten der Jugendämter, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter mit der Ausübung der Amtsvormundschaft zu betrauen bzw. den Mitarbeitern die notwendige Qualifikation für die Erfüllung der Aufgaben zu vermitteln. Die mit diesen Tätigkeiten betrauten Personen haben die Amtspflicht, sich die einschlägigen Kenntnisse durch die Wahrnehmung spezieller Fortbildungsveranstaltungen, wie sie beispielsweise durch das DIJuF für Jugendamtsmitarbeiter angeboten werden (vgl. "Das Jugendamt", Heft 4, 2014, Klappentext, Rückseite), anzueignen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin rechtfertigt auch die seit dem 1.1.2014 geltende europarechtliche Verordnungslage die Anordnung einer Mitvormundschaft nicht.
Zwar regelt die seit dem 1.1.2014 in Kraft getreten Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (sog. Dublin-III-VO) in Art. 6, dass von den Mitgliedstaaten dafür zu sorgen ist, dass ein unbegleiteter Minderjähriger in allen Verfahren, die in dieser Verordnung vorgesehen sind (d.h. in asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren), von einem Vertreter vertreten und/oder unterstützt wird. Der Vertreter hat danach über die entsp...