Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wohnungseigentümer ist ohne Ermächtigung durch die übrigen Wohnungseigentümer antragsbefugt für einen Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch gegen einen Handlungsstörer, der ebenfalls Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist, wegen rechtswidriger Eingriffe in Gemeinschaftseigentum nach Invollzugsetzung der Eigentümergemeinschaft.
2. Gehört zum Sondereigentum eines Teileigentums, das nach der Teilungserklärung als Ladengeschäft gewerblich genutzt werden darf, ein Raum, der als "Lager" bezeichnet ist, so verstößt die Nutzung dieses Raumes als zusätzliches selbstständiges Ladengeschäft bei der gebotenen typisierten Betrachtungsweise gegen die vereinbarte Zweckbestimmung in der Teilungserklärung.
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 08.11.2000; Aktenzeichen 19 T 45/1996) |
AG Darmstadt (Aktenzeichen 59-II 30/95) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin und die weitere Beschwerde des Antragsgegners werden zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt die Antragstellerin 15 %, der Antragsgegner trägt 85 %. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 64.000 DM = 32.722,68 Euro.
Gründe
Die Antragstellerin und der Antragsgegner bilden zusammen mit drei weiteren Eigentümern die Wohnungseigentümergemeinschaft ... in O1-O2. Die Antragstellerin und der Antragsgegner streiten um den Rückbau von baulichen Veränderungen im Untergeschoss der betroffenen Liegenschaft, die von dem der Teilungserklärung zu Grunde liegenden Aufteilungsplan abweichen, die Entfernung der Überdachung der Stellplätze sowie die Untersagung der gewerblichen Nutzung der beiden Lagerräume im Untergeschoss als Ladengeschäft durch den Antragsgegner.
Der Antragsgegner war ursprünglich Alleineigentümer des Grundstückes und errichtete darauf 1979 ein mehrgeschossiges Wohn- und Geschäftsgebäude. Mit Teilungserklärung vom 23.6.1986 teilte er das Grundstück gem. § 8 WEG in 5 Miteigentumsanteile: 4 Wohnungen im 1. und 2. Obergeschoss sowie ein Ladengeschäft im Erdgeschoss. Wegen der genauen Bezeichnung der Einheiten wird auf die Teilungserklärung (Bl. 24-31 d.A.) verwiesen. Diese wiederum bezieht sich für die Lage und das Ausmaß des Sondereigentums auf einen Aufteilungsplan, bezüglich dessen die Abgeschlossenheitsbescheinigung des Kreisbauamtes O3-O4 vom 10.4.1986 erteilt wurde (Bl. 6 d.A.). Nach der Teilungserklärung gehört zu dem Sondereigentum an den Wohnungen Nr. 2 bis 5 u.a. jeweils ein entsprechend gekennzeichneter Abstellraum im Untergeschoss, zu dem Ladengeschäft im Erdgeschoss (Teileigentumseinheit Nr. 1) außer dem Abstellraum das Sondereigentum an zwei Lagerräumen im Untergeschoss.
Der Aufteilungsplan laut Teilungserklärung entsprach hinsichtlich des Kellergeschosses nicht der tatsächlichen baulichen Herstellung, wobei zwischen Antragstellerin und Antragsgegner streitig ist, zu welchem Zeitpunkt der Antragsgegner welche Veränderungen vorgenommen hat. Die tatsächliche Aufteilung des Untergeschosses zeigt der Plan Bl. 141d. A, der Anlage des Antrages des Antragsgegners von 1994 auf Nutzungsänderung der Lagerräume im Untergeschoss war. Aus diesem Plan ergibt sich, dass die tatsächliche Aufteilung der Räume im Untergeschoss abweichend von den Bauplänen und dem Aufteilungsplanes erfolgte, und zwar teilweise schon beim Bau des Hauses. Die Nutzungsänderung wurde am 13.6.1995 bauaufsichtlich genehmigt (Bl. 43-63 d.A.). Nach dem der Genehmigung zu Grunde liegenden Plan des Untergeschosses (Bl. 54 d.A.) wurden die im Aufteilungsplan als Geräteraum und Trockenraum bezeichneten Räume durch eine Verbindungstür mit dem Lager 1 verbunden; dies geschah 1995 durch den Antragsgegner. Der Flur zum Trockenraum wurde verschlossen und mit einer Tür versehen; zwischen Geräte- und Trockenraum wurde eine Verbindungstür eingebaut. Der Abstellraum 5 erhielt eine Verbindungstreppe zum Erdgeschoss. Die gesamten Abstellräume 1- 4 befinden sich an einer anderen Stelle des Kellers.
Die zwei Lagerräume im Keller hat der Antragsgegner unstreitig mindestens seit 1987 einzeln vermietet. Der linke Lagerraum im Untergeschoss war ursprünglich an einen Teeladen vermietet, inzwischen (seit ca. 1994) wird dort eine Reinigungsannahme betrieben. Der rechte Lagerraum war an eine Massagepraxis vermietet, inzwischen wird dort ein Elektrowarenverkaufsladen betrieben. Das Teileigentum im Erdgeschoss ist an eine Geschäftsstelle der ... bank O1 vermietet. Diese nutzt außer den zu der Teileigentumseinheit Nr. 1 gehörenden Räumlichkeiten im Erdgeschoss einen abgeteilten Raum im Untergeschoss als Kassenraum. Die Verbindungstreppe zwischen der Bankfiliale und dem Untergeschoss, über deren Erstellung am 19.12.1988 durch die Fa. A B KG abgerechnet hatte (Bl. 316 d.A.), wurde am 13.6.1995 bauaufsichtsrechtlich genehmigt (Bl. 319 ff. d.A.). Mit Schriftsatz vom 23.8.2000 hat der Antragsgegner im Erstbeschwerdeverfahren eine schriftliche "Zustimmungserklärung" vorgelegt, die das Datum des 30.7...