Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäße Zusammensetzung des Aufsichtsrats bei der SE
Leitsatz (amtlich)
Streitet die Vermutungsregel des § 17 Abs. 2 AktG für ein anderes Unternehmen, das tatsächlich eine Mehrheitsbeteiligung an dem beherrschten Unternehmen hält, so kann ein herrschender Einfluss durch das Unternehmen mit der Minderheitsbeteiligung nur angenommen werden, wenn die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG für das andere Unternehmen widerlegt wird.
Normenkette
AktG §§ 17, 98; SEBG § 16 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.08.2020; Aktenzeichen 3-05 O 63/17) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 3) gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2020 werden zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der ursprünglich als Aktiengesellschaft bestehenden Antragsgegnerin nach deren Umwandlung in eine SE.
Der Antragsteller (zugleich Beteiligter zu 1)) war Aktionär der Antragsgegnerin. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin, die bis zum 31. Juli 2017 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft bestand, beschloss am 2. Juni 2017 die formwechselnde Umwandlung in eine Societas Europaea (im Folgenden SE). Die Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister der Gesellschaft erfolgte am 31. Juli 2017. Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin bestand nur aus Vertretern der Anteilseigner.
Mit einem am (24. bzw.) 27. Juli 2017 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Antragssteller eine gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin beantragt und später mit Schriftsatz vom 30. September 2017 den Antrag ergänzt. Insoweit hat er präzisierend begehrt, festzustellen, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nicht nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist und je zur Hälfte aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer zusammenzusetzen ist (Bl. 50 d. A.).
Diesen Antrag hat das Landgericht mit Beschluss vom 23. November 2017 (veröffentlicht in ZIP 2018, 932) zurückgewiesen. Gegen den Beschluss haben die Beteiligte zu 3) und der Antragsteller Beschwerde eingelegt, wobei hinsichtlich des Antrags der Beteiligten zu 3) auf Bl. 115 d. A. verwiesen wird. Auf die Beschwerden hat der Senat mit Beschluss vom 27. August 2018 (veröffentlicht in ZIP 2018, 1874) die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen sowie die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Bundesgerichtshof hat am 23. Juli 2019 die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen (veröffentlicht in ZIP 2019, 1762).
Daraufhin hat das Landgericht nach ergänzendem Vortrag der Beteiligten mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag erneut zurückgewiesen. Gegen den dem Antragsteller am 24. August 2020 (Bl. 562 d. A.) zugestellten und am 21. August 2020 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Beschluss haben der Antragsteller mit einem am 20. September 2020 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 568 d. A.) und die Beteiligte zu 3) mit einem am 21. September 2020 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 571 d. A.) Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat den Rechtsmitteln nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 569 d. A.).
B. Die zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg.
I. Die beiden Rechtsmittel sind jeweils als Rechtsbeschwerde gemäß § 99 Abs. 3 AktG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1) ergibt sich bereits aus dessen Stellung als Antragsteller, wobei es für die damalige Antragsberechtigung aufgrund der Aktionärsstellung des Beteiligten zu 1) auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt (vgl. Hölters/Simon, AktG, 2017, § 98 Rn. 12), weswegen das Bestreiten der Antragsgegnerin mit Nichtwissen hinsichtlich des Fortbestands der Aktionärsstellung des Beteiligten zu 1) ohne Belang ist.
Die Beteiligte zu 3) ist gemäß § 99 Abs. 4 Satz 3 iVm § 98 Abs. 2 Nr. 10 AktG beschwerdeberechtigt. Nach Vorlage der zu den Akten gereichten Gehaltsbescheinigung eines ihrer Mitglieder geht der Senat - wie auch der Bundesgerichtshof - davon aus, dass die Beteiligte zu 3) im Unternehmen selbst oder in einem anderen von diesem abhängigen (vgl. MünchKommAktG/Gach 4. Aufl., § 16 MitbestG Rn. 5) Unternehmen zum maßgeblichen Zeitpunkt vertreten ist. Dem ist die Antragsgegnerin im weiteren Verlauf des Verfahrens für den maßgeblichen Zeitpunkt der Aufnahme des Verfahrens seitens der Beteiligten zu 3) nicht mehr entgegengetreten.
Auch im Übrigen sind die Beschwerden zulässig. Insbesondere sind sie form- und fristgerecht erhoben worden, weil sie weniger als einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung im elektronischen Bundesanzeiger beim Landgericht eingegangen sind, § 99 Abs. 4 Satz 4 AktG, 63 ...