Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auslegung einer Belastungsvollmacht in einem notariellen Grundstückskaufvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist möglich, dass die Vertragsparteien - insbesondere der jeweilige Vollmachtgeber - in einer Belastungsvollmacht in einem notariellen Grundstückskaufvertrag regeln, dass die Vollmacht nicht durch die Regelungen der Sicherungsabreden eingeschränkt, sondern vielmehr inhaltlich unbeschränkt sein soll.

 

Normenkette

GBO § 19

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag vom 12.12.2019 nicht aus den Gründen dieses Beschlusses zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Durch notarielle Urkunde des Verfahrensbevollmächtigten vom 15.11.2019, UR-Nr. 01/2019 (Bl. 181 ff. d. A.), hat die Antragstellerin als in Abt. I des Grundbuchs eingetragene Eigentümerin den betroffenen Grundbesitz an A (im Folgenden: Käufer) verkauft. In § 4 des Vertrags ist der Kaufpreis geregelt; hier finden sich auch Regelungen zur Kaufpreisfälligkeit. Die Vertragsparteien haben in § 6 des Vertrags die Auflassung erklärt. Unter § 5 "Belastungsvollmacht" des Vertrags findet sich folgende Regelung:

"Um die Sicherung von Darlehen, die der Kaufpreiszahlung dienen, schon vor Eigentumsumschreibung zu ermöglichen, verpflichtet sich der Verkäufer, aber für Rechnung des Käufers, das Kaufobjekt mit - ggf. sofort vollstreckbaren - Grundpfandrechten zu Gunsten deutscher Geldinstitute in beliebiger Höhe samt Zinsen und etwaigen Nebenleistungen zu belasten, jedoch ohne die persönliche Haftung oder Kosten zu übernehmen.

Solche Belastungen übernimmt der Käufer mit Eigentumsumschreibung auch zur dinglichen Haftung. Alle hieran bis zur Eigentumsumschreibung entstandenen Eigentümerrechte und Rückgewährsansprüche werden mit vollständiger Bezahlung des Kaufpreises samt etwaiger Zinsen auf den Käufer - ggf. im angegebenen Anteilsverhältnis - übertragen; entsprechende Grundbuchberichtigung wird vorsorglich bewilligt.

Hinsichtlich dieser Grundpfandrechte vereinbaren die Vertragspartner bereits jetzt Folgendes:

Zahlungsansprüche, durch die sie erstmals valutiert werden, werden mit der Maßgabe, dass sie zur Bezahlung des Kaufpreises gemäß den Regelungen in § 4 zu verwenden sind, bereits jetzt an den Verkäufer abgetreten.

Deshalb dürfen Gläubiger diese Grundpfandrechte bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises nur als Sicherheit für solche Zahlungen verwenden, mit denen der Kaufpreis bezahlt wird. Sofern eine Abtretung ausgeschlossen ist, wird hierdurch ein unwiderruflicher Zahlungsauftrag erteilt.

Der amtierende Notar wird angewiesen, die Eintragung der Grundpfandrechte im Grundbuch erst dann zu veranlassen, wenn ihm die Grundpfandrechtsgläubiger bestätigt haben, dass die Grundpfandrechte bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises nur als Sicherheit für diese Zahlung dienen und dass die Grundpfandrechtsgläubiger im Falle der Rückabwicklung Zug um Zug gegen Rückzahlung der Darlehensvaluta die erforderlichen Löschungsunterlagen herausgeben.

Eine Einschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis, insbesondere gegenüber dem Grundbuchamt, ist hiermit nicht verbunden, vielmehr ist die Vollmacht unbeschränkt.

Der Verkäufer bevollmächtigt nunmehr den Käufer, das Kaufobjekt mit Grundpfandrechten samt Zinsen und Nebenleistungen zu belasten, Löschungen und Rangänderungen zuzustimmen und mit der Vormerkung des Käufers im Rang zurückzutreten, das Kaufobjekt nach § 800 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen sowie Auszahlungsansprüche nach den Bestimmungen dieser Urkunde abzutreten und überhaupt alle Erklärungen abzugeben, die mit der Bestellung von Grundpfandrechten am Kaufobjekt für Rechnung des Käufers zusammenhängen. Von den Beschränkungen des § 181 BGB wird der Käufer befreit.

Von der vorstehenden Vollmacht kann - soweit notarielle Beurkundung oder Beglaubigung erforderlich ist- nur durch Erklärung vor dem amtierenden Notar, seinem amtlich bestellten Vertreter oder seinem Soziuspartner Gebrauch gemacht werden. Sie erlischt mit Vollzug der Auflassung nach dieser Urkunde im Grundbuch und ist jederzeit widerruflich."

Mit Schreiben vom 12.12.2019, beim Grundbuchamt eingegangen am 17.12.2019, hat der Verfahrensbevollmächtigte seine notarielle Urkunde vom 28.11.2019, UR-Nr. 02/2019, beim Grundbuchamt eingereicht und namens der Gläubigerin und des Eigentümers gemäß § 15 GBO die Eintragung der Grundschuld im Range vor der eingetragenen Eigentumsverschaffungsvormerkung in Abt. II, lfd. Nr. 3, und im Übrigen zunächst an rangbereitester Stelle beantragt. Ausweislich dieser notariellen Urkunde, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 198 ff. d. A. verwiesen wird, hat der Käufer handelnd für sich selbst und aufgrund der oben aufgeführten Belastungsvollmacht für die Antragstellerin eine Grundschuld in Höhe von 50.000,- EUR am betroffenen Grundbesitz bestellt.

Durch Verfügung vom 18.12.2019 (Bl. 202 d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge