Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzureichender Vortrag für Wiedereinsetzungsantrag

 

Normenkette

ZPO § 236 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Gießen (Beschluss vom 10.10.2018; Aktenzeichen 242 F 1148/18)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.01.2021; Aktenzeichen XII ZB 329/20)

 

Tenor

Die Beschwerde wird unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Verfahrenswert für die Beschwerde wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Zustimmung zum begrenzten Realsplitting für die Kalenderjahre 2013-2017 zu erklären.

Der angefochtene Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 23.10.2018 zugestellt. Diese legte mit am 22.11.2018 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Beschwerde ein und behielt die Begründung der Beschwerde einem gesonderten Schriftsatz vor. Mit gerichtlichem Schreiben vom 03.01.2019 wies der Vorsitzende des Senats die Beschwerdeführerin darauf hin, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen, weil innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG keine Beschwerdebegründung erfolgte.

Mit am 08.01.2019 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vom 07.01.2019 begründete die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde und beantragte sodann mit nachfolgendem Schriftsatz vom 09.01.2019 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde. Sie habe den Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde mit Schriftsatz vom 19.12.2018 am selben Tag bei der Post aufgegeben, was die Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin anwaltlich versicherte. Sie sei davon ausgegangen, dass der Antrag vom 19.12.2018 am 20.12.2018, also innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist, eingegangen sei. Der Versand der Post sei in der Regel zuverlässig, weshalb auf eine Vorab-Übersendung per Telefax verzichtet worden sei. Ein Postrücklauf sei nicht verzeichnet worden.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 117 Abs. 1 S. 3, 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Beschwerdeführerin die Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG begründet hat. Die Frist zur Begründung der Beschwerde gegen den der Beschwerdeführerin am 23.10.2018 zugestellten Beschluss lief am 24.12.2018 ab. Der Schriftsatz vom 07.01.2019, mit dem die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde begründete, ging am 08.01.2019 und somit erst nach Fristablauf beim Oberlandesgericht ein.

Der Beschwerdeführerin ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zwar ist der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 09.01.2019 zulässig, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 ZPO gestellt worden. In der Sache bleibt er jedoch ohne Erfolg. Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumung auf Umständen beruht, die weder sie noch ihre Verfahrensbevollmächtigte zu vertreten hat.

Gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 233 S. 1 ZPO ist einem Beteiligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne sein Verschulden bzw. einem Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten, §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO, verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Nach § 236 Abs. 2 S. 1 ZPO muss der Antrag die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten. Alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, müssen im Rahmen des Antrags innerhalb der Antragsfrist vorgetragen und gemäß § 236 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft gemacht werden.

Im Fall des unverschuldeten Verlusts eines fristgebundenen Schriftsatzes auf dem Postweg ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Beteiligte auf der Grundlage einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe zur Post glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich des Beteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten eingetreten ist (BGH, Beschluss vom 21.03.2019 - V ZB 97/18, NJW-RR 2019, 827; Beschluss vom 13.12.2017 - XII ZB 356/17, FamRZ 2018, 447;

Beschluss vom 10.09.2015 - III ZB 56714, NJW 2015, 3517).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Verlust des die Frist wahrenden Antrags auf Verlängerung der Begründungsfrist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Verfahrensbevollmächtigten eingetreten ist und die Beschwerdeführerin ohne ihr Verschulden bzw. ohne das Verschulden ihrer Verfahrensbevollmächtigten an der rechtzeitigen Begründung ihres Rechtsmittels gehindert war.

Die Beschwerdeführe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge