Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Leistungsverfügung auf Zutritt zu einer gemeinsamen betriebenen Arztpraxis
Leitsatz (amtlich)
Eine einstweilige Verfügung in Form einer Leistungsverfügung auf Zutritt zu einer gemeinsam betriebenen Zahnarztpraxis, die damit begründet wird, dass ansonsten die Entziehung der Zulassung droht, kommt dann nicht in Betracht, wenn der Antragsteller sein Begehren bei rechtzeitiger Geltendmachung auch im ordentlichen Klageverfahren hätte erreichen können.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
LG (Beschluss vom 19.12.2011) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG vom 19.12.2011 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 567 I Nr. 2, 569 ZPO zulässig und war gem. § 568 ZPO durch den Einzelrichter zu bescheiden.
In der Sache kann sie jedoch keinen Erfolg haben. Das LG hat den Erlass der einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Dabei kann dahinstehen, ob der Antragstellerin überhaupt einen materiell-rechtlicher Anspruch auf Zutritt zu den streitbefangenen Praxisräumlichkeiten gegenüber dem Antragsgegner hat, was das LG verneint hat. Für die von der Antragstellerin angestrebte Leistungsverfügung fehlt nämlich bereits ein hinreichender Verfügungsgrund.
Mit dem vorliegenden Antrag fordert die Antragstellerin - zeitlich nicht befristeten - "ungehinderten Zugang" - zu den Praxisräumlichkeiten in ... Würde dem Antrag stattgegeben, wäre damit eine - zumindest vorläufige - vollständige Befriedigung der Antragstellerin in Bezug auf den geltend gemachten, streitigen Anspruch verbunden. Leistungsverfügungen sind - von den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen abgesehen, die hier nicht vorliegen - nur zulässig, wenn der Leistungsgläubiger in einer Notlage dringend auf die sofortige Erfüllung angewiesen ist oder die geschuldete Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO, § 940 Rz. 6; Grunsky in Stein/Jonas ZPO, vor § 935 Rz. 35 ff. - jeweils mit weiteren Nachweisen).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es ist schon fraglich, ob man in dem drohenden Verlust der kassenärztlichen Zulassung der Antragstellerin überhaupt eine Notlage sehen will, die den Erlass einer Leistungsverfügung rechtfertigen könnte, da die Antragstellerin ja eine weitere Praxis auf ... unterhält. Jedenfalls war die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Anbringung ihres Antrags bei LG nicht dringend auf den Zutritt zu den streitbefangenen Räumlichkeiten angewiesen, da ihre Zulassung ruhte. Zudem ist nicht ersichtlich, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, einen entsprechenden Titel im ordentlichen Klageverfahren zu erlangen.
Nach ihrem eigenen Vortrag wusste die Antragstellerin spätestens seit Oktober 2011, dass der Antragsgegner ihr den Zugang zu den streitgegenständlichen Räumlichkeiten verweigert. Selbst wenn man der Antragstellerin noch zugestehen wollte, vor der Klage eine außergerichtliche Lösung mit dem Antragsgegner zu suchen, hätte sie spätestens Anfang Dezember 2011 - als der Antragsgegner seine zunächst gegebene Zusage, ihr den Zutritt zu gewähren, widerrief - Klage im Hauptsacheverfahren erheben können. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Hauptsacheverfahren innerhalb der bis zum Ende des Ruhens der Zulassung der Antragstellerin verbleibenden knappen sechs Monate nicht hätte durchgeführt werden können. Unter diesem Blickwinkel ist auch nicht verständlich, warum die Antragstellerin das Klageverfahren nicht wenigstens parallel neben dem einstweiligen Verfügungsverfahren betrieben hat; auch dies spricht gegen die geltend gemachte Dringlichkeit des Begehrens.
Hinzu kommt, dass die Antragstellerin auch aus einem anderen Aspekt nicht dringend auf die begehrte Leistung angewiesen ist. Es wäre ihr nämlich möglich, den Verlust ihrer Zulassung im Juni 2012 durch die (zeitweise) Anmietung anderer Praxisräumlichkeiten in Deutschland abzuwenden. Dass sie hierzu wirtschaftlich oder finanziell nicht in der Lage wäre, hat sie nicht substantiiert vorgetragen. Dass sich die Antragstellerin überwiegend in ... aufhält und dort eine weitere Praxis betreibt, dürfte in diesem Zusammenhang angesichts des Umstands, dass es gerade um den Erhalt einer deutschen Zulassung geht, nicht schützenswert sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.
Fundstellen