Leitsatz (amtlich)
Zu einer arglistigen Behauptung ins Blaue hinein, auch bei subjektiver Gewissheit von der Wahrheit der Behauptung.
Normenkette
BGB § 123; VVG § 22
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 31.01.2008; Aktenzeichen 14 O 16/08) |
Gründe
Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus einer Hausratversicherung eine Entschädigung i.H.v. 6.447,44 EUR; sie macht geltend, zu Lasten ihres Sohnes A sei am .../... 2006 in Thailand ein Einbruchdiebstahl erfolgt; es handele sich dabei um einen Versicherungsfall.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 8.8.2006 (Bl. 65 d.A.) den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt, da die Angaben im Versicherungsantrag (Bl. 67 d.A.) zu den Vorschäden in den letzten 5 Jahren falsch seien; letzteres ist unstreitig. Unstreitig wurde der Versicherungsantrag mit Wissen und Wollen der Klägerin allein von dem Versicherungsmakler B aus dem Maklerbüro ... ausgefüllt und auch von diesem allein unterzeichnet.
Die Beklagte hat erstinstanzlich zudem weitere Gründe für ihre Leistungsablehnung geltend gemacht.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, zwar bestehe keine Leistungsfreiheit nach § 12 Abs. 3 VVG und die Rücktrittserklärung der Beklagten scheitere im Hinblick auf § 21 VVG; jedoch sei die erfolgte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu Recht erfolgt. Denn dem Versicherungsmakler B sei arglistiges Verhalten vorzuwerfen, welches sich die Klägerin über § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen müsse, da der Versicherungsmakler vorliegend als Vertreter der Klägerin gehandelt habe. Die unrichtigen Angaben des Versicherungsmaklers zu den Vorschäden im Versicherungsantrag seien "ins Blaue hinein" erfolgt.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wendet ein, ein arglistiges Verhalten der Klägerin liege nicht vor und ein etwaiges arglistiges Verhalten des Versicherungsmaklers B sei ihr nicht zuzurechnen, da dieser nicht als Dritter i.S.d. § 123 Abs. BGB anzusehen sei. Darüber hinaus sei dem Versicherungsmakler arglistiges Verhalten nicht vorzuwerfen, wobei das LG entscheidungserheblichen erstinstanzlichen Vortrag einschließlich Beweisantritt übergangen habe. Dessen Angaben zu den Vorschäden seien nämlich nicht "ins Blaue hinein" erfolgt. Herr B habe keine Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben gehabt und sei der Meinung gewesen, es bedürfe einer vorherigen Einblicknahme in die Versicherungsunterlagen der Klägerin nicht; er habe sich dabei auf sein Gedächtnis verlassen können, da er bereits mit den Vorverträgen der Klägerin in ausreichender Weise befasst gewesen sei; es habe sich nur um einen Fehler bzw. um einen Irrtum des Versicherungsmaklers gehandelt; es fehle auch an dessen Täuschungsabsicht.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie wendet darüber hinaus ein, die Klageausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG sei nicht gewahrt; es lägen zudem die Rücktrittsvoraussetzungen vor; § 21 VVG stehe nicht entgegen; der Eintritt des Versicherungsfalles werde weiterhin mit Nichtwissen bestritten, insbesondere bleibe es bei den Einwänden hinsichtlich des Versicherungsortes, so dass vorliegend nicht im Rahmen der Außenversicherung Versicherungsschutz zu gewähren sei; auch eine Stehlgutliste sei nicht unverzüglich eingereicht worden; im Übrigen würden der Schadensumfang und auch die Entschädigungsberechnung der Klägerin im Berufungsverfahren weiterhin bestritten.
Die Berufung der Klägerin hat nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand keine Aussicht auf Erfolg; zu Recht hat das LG die Leistungsfreiheit der Beklagten wegen eines arglistigen Verhaltens des Versicherungsmaklers B bejaht (§§ 22 VVG, 123 BGB).
Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, dass das Verhalten des Versicherungsmaklers B anlässlich der Ausfüllung des Versicherungsantrages der Klägerin zuzurechnen ist. Die Klägerin hat die Ausfüllung des Versicherungsantrages dem Versicherungsmakler vollständig überlassen; dieser ist mit Wissen und Wollen der Klägerin allein vom Versicherungsmakler unterzeichnet worden, der zudem bei der Unterschriftszeile für den Versicherungsnehmer den Hinweis "Maklervertrag" hinzugefügt hat. Unter diesen Umständen war der Versicherungsmakler Vertreter der Klägerin, so dass § 166 Abs. 1 Anwendung findet (vgl. Prölls/Martin, VVG, 27. Aufl., § 22 VVG, Rz. 1); so hat es im Übrigen auch die Klägerin selbst gemäß S. 7 oben der Klageschrift gesehen. Dann aber ist dessen arglistiges Verhalten der Klägerin zuzurechnen.
Zu Recht hat das LG auch ein arglistiges Verhalten des Versicherungsmaklers im Hinblick auf dessen Angaben im Versicherungsantrag zu der Frage nach Vorschäden in den letzten 5 Jahren bejaht. Zur Beantwortung dieser Frage hat der Versicherungsmakler nur einen Schadensfall mit einer Schadenshöhe von 500 EUR angegeben, obwohl der Vorversicherung der Klägerin, der C AG in den letzten 5 Jahren vor Antragstellung ein Einbruchdiebstahl im Jahre 2001 mit einer Schadenshöhe von 1.412 EUR sowie ein weiterer Einbruchdiebstahl im Jahre 2004 mit ein...