Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer Schiedsgerichtsklausel, nach der sich das Schiedsverfahren nach den ICC-Regeln Brüssel richten soll.
Normenkette
ZPO §§ 293, 1032
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Auslegung einer Schiedsklausel.
Die Parteien schlossen im Oktober 2003 eine Vereinbarung über die Erbringung von Kommunikationsdienstleistungen ("International Career Service Agreement"). Dieser von der Antragstellerin vorgegebene Vertrag enthält in § 16 eine Schiedsklausel, die in etwa folgenden deutschen Wortlaut hat:
"Jede Streitigkeit aus und in Verbindung mit der Vereinbarung soll zunächst gütlich zwischen den Parteien beigelegt werden. Sollte eine gütliche Einigung nicht zustande kommen, soll ein Schiedsverfahren gemäß der Schiedsregeln des ICC Brüssel oder ihrer Nachfolgeorganisation entschieden werden. Der Schiedsspruch ist bindend. Schiedsort soll Brüssel, Belgien sein."
In Nr. 26 der Vereinbarung ist geregelt, dass der Vertrag belgischem Recht unterliegt und nach diesem ausgelegt werden muss.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es keine Brüsseler Schiedsregeln gibt. Die Antragstellerin ist deshalb der Auffassung, eine Auslegung der fraglichen Klausel auch nach belgischem Recht ergebe, dass die Parteien die Geltung der Schiedsregeln des ICC Paris gewollt hätten. Sie beruft sich zum Inhalt der maßgeblichen Auslegungsvorschriften des belgischen Rechts auf Stellungnahmen des Brüsseler Büros ihrer Verfahrensbevollmächtigten, die sie in Übersetzung vorgelegt hat. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Bl. 56 ff. d.A. verwiesen.
Die Antragstellerin beantragt, festzustellen, dass das schiedsrichterliche Verfahren der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin nach den ICC-Regeln, Schiedsort Brüssel (Anspruch aus dem "International Career Service Agreement" vom Oktober 2003) zulässig ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1. den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen;
2. festzustellen, dass das schiedsrichterliche Verfahren der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin nach den ICC-Regeln, Schiedsort Brüssel (Anspruch aus dem "International Career Service Agreement" vom Oktober 2003) unzulässig ist.
Die Antragstellerin beantragt, den Antrag des Antragsgegners als unzulässig zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, eine Auslegung der Klausel ergebe nicht eindeutig, dass die Parteien die Schiedsordnung des ICC Paris vereinbaren wollten. Verbleibende Zweifel gingen aber zu Lasten der Antragstellerin, so dass nicht von einer wirksamen Schiedsvereinbarung auszugehen sei.
Hinsichtlich des Sachvortrages der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 2.5.2006 (Bl. 1 ff. d.A.), 10.8.2006 (Bl. 32 ff. d.A.), 19.9.2006 (Bl. 47 f. d.A.) und 6.10.2006 (Bl. 54 ff. d.A.) sowie auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 21.7.2006 (Bl. 27 ff. d.A.) und 6.9.2006 (Bl. 44 ff. d.A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens ist zulässig (§ 1032 Abs. 2 ZPO). Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1032 Abs. 2, 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO; die Antragsgegnerin hat ihren Sitz in Hessen.
Der Antrag ist auch begründet. Die Parteien haben in Ziff. 16 des "International Career Service Agreement" wirksam vereinbart, dass Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis in einem Schiedsverfahren nach den Regeln des ICC Paris auszutragen sind. Auch unter Zugrundelegung belgischen Rechts (Art. 4 Abs. 1, 27 Abs. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB), dessen Anwendung die Parteien in Ziff. 26 des Vertrages vereinbart haben, ist die fragliche Klausel in dem vorstehend genannten Sinn auszulegen.
Der Senat geht davon aus, dass die Auslegung von Vertragsklauseln, die Schiedsvereinbarungen zum Gegenstand haben, nach belgischem Recht in vergleichbarer Weise vorzunehmen ist, wie nach deutschem Recht. Nach § 293 ZPO hat das zur Anwendung ausländischen Rechts berufene deutsche Gericht die maßgeblichen Rechtsvorschriften des anderen Staates von Amts wegen zu ermitteln. Dabei steht es in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wie es dieser Verpflichtung nachkommen will. Es ist insbesondere nicht gehindert, die Parteien insoweit zur Mitwirkung aufzufordern und von ihnen vorgelegte Auskünfte und Stellungnahmen zu verwerten. Insoweit bedarf es nicht zwingend der Einholung eines Rechtsgutachtens, wenn die maßgeblichen Rechtsnormen und Rechtsgrundsätze auf andere Weise ermittelt werden können, insbesondere wenn sie von den Parteien dargelegt werden (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 293 Rz. 15 ff.).
So liegt der Fall auch hier. Die Antragstellerin hat den Inhalt der für die Auslegung der fraglichen Klausel heranzuziehenden Rechtsvorschriften und die bei der Auslegung nach belgischem Recht zu berücksichtigenden Grundsätze vorgetragen. Den Inhalt dieser Regelungen hat die Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt, sie wendet sich lediglich gegen das von der Antragstellerin auf dieser Grundlage vertretene Auslegungsergebnis.
Nach Art. 1677 der b...