Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn der Umgang von Eltern regelmäßig auch bei kleineren Kindern Übernachtungen des Kindes beinhaltet, kann es im Einzelfall aus Gründen des Kindeswohls geboten sein, für eine Übergangszeit zur Gewöhnung des Kindes an den Umgangselternteil lediglich Tagesumgang zu gewähren.
2. Lehnt der Umgangselternteil Kontakte mit dem Kind ohne Übernachtungen kategorisch ab, so bedarf es keines Umgangsausschlusses nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB, sondern es genügt im Regelfall die Feststellung, dass es einer gerichtlichen Umgangsregelung nicht bedarf.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass eine Umgangsregelung derzeit nicht veranlasst ist.
In Bezug auf die Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der angefochtenen Entscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des oben genannten Kindes, wobei die Beteiligte zu 2. alleinige Inhaberin des Sorgerechts ist. Die Kindeseltern lebten nach der Geburt des Kindes etwa 17 Monate zusammen, nach der Trennung verzog der Beschwerdeführer nach Sachsen, wo er als Grundschullehrer tätig ist. Streitigkeiten der Eltern bestehen im Rahmen gerichtlicher Verfahren auch im Bereich des Sorge- und Unterhaltsrechts.
Das betreffende Kind hat bis heute nicht beim Kindesvater in dessen Wohnung übernachtet. Umgänge fanden im Übrigen nur unregelmäßig statt, im Jahr 2020 nur zweimal in der Form von Tagesbesuchen, letztmals Anfang Mai 2020.
Bereits Ende 2019 begehrte der Kindesvater im Verfahren 467 F 13109/19 im Wege einstweiliger Anordnung einen Umgang mit dem Kind mit 6 Übernachtungen in der Zeit vom 23.12.-29.12.2019, obwohl das Kind damals noch von der Mutter gestillt wurde und vorher noch nicht bei ihm übernachtet hatte. Einen regelmäßigen Tages- oder Wochenendumgang am Wohnsitz der Mutter lehnt der Vater auch im hiesigen Verfahren ab, da er sich finanziell nicht dazu in der Lage sieht, entsprechende Reisen zu finanzieren. Mit Beschluss vom 23.12.2019 schloss das Amtsgericht im Verfahren 467 F 13109/19 den Umgang in dem oben erwähnten Zeitraum vorläufig aus.
Im hiesigen Verfahren möchte der Kindesvater die Regelung eines zusammenhängenden Ferienumgangs. Die vom Amtsgericht in Aussicht gestellte Regelung von Tages- und ggf. Wochenendumgänge zur Vorbereitung späterer Übernachtungen lehnt der Kindesvater ab.
Mit Beschluss vom 26.6.2020 regelte das Amtsgericht einen Umgang des Vaters mit dem Kind an jedem letzten Samstag im Monat (12.00 - 18 .00 Uhr) und am darauffolgenden Sonntag (10.00 - 16.00 Uhr). Bis heute hat der Kindesvater keinen dieser Termine wahrgenommen.
Mit seiner Beschwerde strebt der Kindesvater weiterhin die Regelung von Ferienumgang an, der monatliche Umgang solle in Wegfall geraten, da er nicht imstande und bereit sei, diesen wahrzunehmen.
Im Übrigen wird auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und die im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg, führt allerdings gleichwohl wegen der Weigerungshaltung des Kindesvaters zur Feststellung, dass sein Umgangsrecht derzeit nicht zu regeln ist.
Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB haben sowohl das Kind als auch jeder Elternteil ein Recht auf Umgang miteinander. Das Umgangsrecht eines Elternteils steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Es ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (BVerfG FamRZ 1995, 86). Sowohl Sorge- als auch Umgangsrecht erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt. Die Gerichte müssen sich im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen.
Gemäß § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB kann eine Entscheidung, die das Umgangsrecht für längere Zeit ausschließt, nur dann ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet würde. An die einfachrechtlich auf § 1684 Abs. 4 BGB zu gründende Einschränkung oder gar den Ausschluss des Umgangsrechts eines Elternteils sind strenge Maßstäbe anzulegen. Eine Einschränkung des Umgangsrechts ist nur veranlasst, wenn nach den Umständ...