Normenkette
ZPO §§ 887-888
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2–30 O 293/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 4.12.2002 i.d.F. des Nichtabhilfebeschlusses vom 6.1.2003 (2–30 O 293/01) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Schuldner zu tragen.
Beschwerdewert: 10.000 Euro.
Gründe
I. Der Schuldner ist durch vorläufig vollstreckbares Teilurteil des LG Frankfurt am Main vom 23.9.2002 verurteilt worden, eine Schlussbilanz der Firma A. oHG zum 30.4.2001 zu erstellen und der Gläubigerin vorzulegen.
Gegen das Urteil hat der Schuldner Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Nachdem die Gläubigerin vor Vollstreckung die im Urteil vorgesehene Sicherheit i.H.v. 1.000 Euro geleistet hatte, hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss zur Erzwingung der im Urteil enthaltenen Verpflichtung ein Zwangsgeld i.H.v. 2.500 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250 Euro einen Tag Zwangshaft verhängt.
Gegen diesen am 9.12.2002 zugestellten Beschluss hat der Schuldner mit am 20.12.2002 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Er beantragt, den Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 5.12.2002 aufzuheben, hilfsweise die Zwangsvollstreckung von einer die Kosten der Bilanzerstellung deckenden Sicherheitsleistung der Klägerin von mindestens 10.000 Euro abhängig zu machen und den Beginn der Vollstreckung erst nach dem 1.4.2003 zuzulassen sowie die Zwangsvollstreckung einstweilen, notfalls unter Sicherheitsleistung, einzustellen, bis über die Berufung des Schuldners rechtskräftig entschieden ist.
Die Gläubigerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die an sich statthafte, auch form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Umfang der Entscheidungsbefugnis des Beschwerdesenats ergibt sich aus §§ 570 Abs. 3, 572 Abs. 2 und 3 ZPO. Davon ausgehend hat der Senat lediglich über den Antrag des Schuldners, den Zwangsgeldbeschluss aufzuheben, zu entscheiden. Die weiter gehenden Anträge sind im Beschwerdeverfahren nicht bescheidungsfähig. Für den Vollstreckungsschutzantrag nach §§ 707, 719 ZPO besteht die Zuständigkeit des für das Rechtsmittel der Berufung zuständigen Zivilsenats.
In der Sache hängt die Begründetheit der Beschwerde davon ab, ob es sich bei der geschuldeten Handlung – die unstreitig bislang nicht erfolgt ist – um eine vertretbare oder unvertretbare Handlung handelt. Insoweit hat das LG die geschuldete Erstellung der Bilanz zutreffend als eine nicht vertretbare Handlung i.S.d. § 888 ZPO angesehen.
Vertretbar ist eine Handlung dann, wenn es aus der maßgeblichen Sicht des Gläubigers rechtlich und wirtschaftlich gleichgültig ist, von wem die geschuldete Handlung erbracht wird; ist ein Dritter nicht in der Lage, den gleichen Erfolg wie der Schuldner herbeizuführen, ist die Zwangsvollstreckung zur Erzwingung dieser Handlung nicht durch Ersatzvornahme möglich, vielmehr muss der Wille des Schuldners durch Zwangsgeld oder Zwangshaft gebeugt werden (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 6. Aufl., Rz. 1066).
Danach kann die Erstellung einer Bilanz nur dann als vertretbare Handlung angesehen werden, wenn diese Bilanz ohne Mithilfe des Schuldners aufgestellt werden kann, mit anderen Worten, wenn ein Sachverständiger die Bilanz selbstständig anhand der Geschäftsbücher und Geschäftspapiere zuverlässig fertigen kann (OLG Köln v. 17.1.1997 – 3 W 52/96, OLGReport Köln 1997, 150 = NJW-RR 1998, 716; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 888 Rz. 3, Stichwort: „Bilanz”; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Bd. 1, 3. Aufl., § 887 Rz. 7).
Davon ausgehend scheidet vorliegend die Annahme einer vertretbaren Handlung aus. Die Gläubigerin selbst ist nicht im Besitz des erforderlichen Datenmaterials, so dass sie auch nicht durch Beauftragung eines Sachverständigen in der Lage ist, sich die Bilanz erstellen zu lassen. Ob sich die zur Erstellung der Bilanz erforderlichen Unterlagen in den Händen des Schuldners befinden und daher seine Mitwirkung notwendig ist – worauf das LG abgestellt hat –, kann dahinstehen. Jedenfalls kann die Gläubigerin nicht darauf verwiesen werden, sich diese Unterlagen selbst zu beschaffen. Aus dem Vortrag des Schuldners im Beschwerdeverfahren, die Gläubigerin könne sich die zur Erstellung der Bilanz erforderlichen Daten über Rechtsanwalt N.N. beschaffen, der seinerseits einen Anspruch auf Gestattung des Zugangs zu den bei dem Rechenzentrum des Datev-Systems befindlichen Datensätzen habe, ergibt sich vielmehr gerade die Unvertretbarkeit der geschuldeten Handlung. Aus der maßgeblichen Sicht der Gläubigerin ist es nämlich weder rechtlich noch wirtschaftlich dasselbe, ob der Schuldner die Bilanz erstellen lässt und ihr vorlegt oder ob sie gezwungen ist, sich die maßgeblichen Unterlagen – ggf. im Klageweg – zunächst selbst zu beschaffen, um dann durch einen Sachvers...