Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Verkehrsanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beiordnung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" setzt voraus, dass auch sonst nur Kosten eines am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts entstehen könnten, weil besondere Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.
2. Zu den Voraussetzungen der Beiordnung eines Verkehrsanwaltes gem. § 121 Abs. 4 ZPO
3. Einem Prozessbevollmächtigten, der einer Partei "zu den Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Sitz am Ort des Prozessgerichts" beigeordnet worden ist, steht gegen die ausgesprochene Einschränkung der Beiordnung das Recht der Beschwerde gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 567 ZPO zu.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 3-4
Verfahrensgang
LG Hanau (Aktenzeichen 7 O 36/09) |
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO i.V.m. § 567 ZPO zulässig. Ist ein Prozesskostenhilfebeschluss - wie hier - mit Einschränkungen versehen, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt das Recht der Beschwerde zu. Das folgt daraus, dass der Umfang der Beiordnung für den dem Rechtsanwalt zustehenden Vergütungsanspruch maßgeblich ist. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat ihr Beschwerderecht auch nicht dadurch verloren, dass sie im Prozesskostenhilfeantrag mangels abweichender Erklärung konkludent ihr Einverständnis mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiordnung (BGH NJW 2006, 3783) erklärt hat. Das Einverständnis mit einer entsprechenden Einschränkung der Beiordnung hindert nicht den Einwand, dass die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts bzw. die Erstattung von Fahrtkosten das Mehrkostenverbot im vorliegenden Fall nicht berühre (BGH, a.a.O., Rz. 7 m.w.N.).
II. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das LG hat die Beschwerdeführerin zu Recht zu den Bedingungen einer Rechtsanwältin mit Sitz am Ort des Prozessgerichts beigeordnet.
Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt grundsätzlich nur dann beigeordnet werden, wenn durch die Ortsverschiedenheit keine zusätzlichen Kosten entstehen. Wird einer Partei im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe auf ihren Antrag ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Anwalt beigeordnet, was ihr zugleich die Möglichkeit nimmt, die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO zu erlangen, kann dem Prozessbevollmächtigten deswegen nicht stets durch die Einschränkung der Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" zugleich die Möglichkeit der Erstattung von Reisekosten bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts genommen werden. Eine solche Beiordnung ist vielmehr nur dann möglich, wenn auch sonst nur Kosten eines am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts entstehen könnten, weil besondere Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen (BGH NJW 2004, 2749 [2750]).
Hier liegen besondere Umstände zur Beiordnung eines Verkehrsanwalts i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO nicht vor. Das gilt auch unter Berücksichtigung der gebotenen (BGH NJW 2006, 3783, Rz. 8; NJW 2004, 2749 [2750]; BAG NJW 2005, 3083 [3084]) Berücksichtigung der Rechtsprechung, die bei Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts am Sitz des Gerichts regelmäßig auch die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Verkehrsanwaltes als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 ZPO ansieht (BGH NJW 2004, 2749 [2750 m.w.N.]). Hier wäre die Bevollmächtigung eines solchen Verkehrsanwaltes jedoch nach den rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und den subjektiven Fähigkeiten der Klägerin, auf die bei der Prüfung der Erforderlichkeit eines weiteren Verkehrsanwaltes nach § 121 Abs. 4 ZPO abzustellen ist (BGH, a.a.O.), nicht notwendig. Der Rechtsstreit ist nicht umfangreich; er liegt tatsächlich und rechtlich einfach. Er beschränkt sich im Wesentlichen auf die Frage, ob die Klägerin den Kauf eines gebrauchten Pkw für 5.000,- EUR gemäß schriftlichem Vertrag vom 7.7.2008 im eigenen oder im fremden Namen abgeschlossen hat. Die schriftliche und fernmündliche Information der Prozessbevollmächtigten ist ohne Schwierigkeiten möglich, wofür im Übrigen auch die kaum eine Seite beanspruchende Klagebegründung spricht. Allein der Umstand, dass für die Klägerin eine Betreuung u.a. bezüglich der Vermögenssorge nebst Einwilligungsvorbehalt mit Ausnahme von Bargeschäften des täglichen Lebens i.H.v. 100,- EUR monatlich angeordnet wurde, ergibt nicht, dass ihr eine fernmündliche und schriftliche Information der Prozessbevollmächtigten nicht möglich oder zumutbar sei, zumal ihr gegebenenfalls die Unterstützung durch ihre Betreuerin zur Verfügung steht.
Gegen die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Verkehrsanwaltes nach § 121 Abs. 4 ZPO spricht im Übri...