Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit von Kosten eines privaten Zweitgutachtens
Leitsatz (amtlich)
In VKH-Verfahren in Kindschaftssachen sind die Kosten eines Privatgutachtens regelmäßig nicht erstattungsfähig, weil ein nicht kostenarmer, wirtschaflich vernünftiger Beteiligter die Einholung eines privaten Zweitgutachtens nicht als sachdienlich einschätzen, sondern sich wegen des dort geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes auf Vorbringen zur Sache und Angriffe auf das gerichtliche Gutachten beschränken würde.
Normenkette
BGB § 1666; FamFG §§ 26, 85, 151 Nr. 1; ZPO § 104 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 22.12.2020; Aktenzeichen 531 F 65/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.784 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde betrifft die Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein in einem Kindschaftsverfahren privat eingeholten Zusatzgutachten.
Das Amtsgericht hat in einem Verfahren zur Prüfung von Maßnahmen nach § 1666 BGB i.V.m. § 1666a BGB die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet, welches durch die vom Amtsgericht bestimmte Sachverständige am 17. September 2020 erstattet wurde. Das Amtsgericht hat mit der Übersendung des Sachverständigengutachtens Termin zur Anhörung bestimmt und um Mitteilung gebeten, ob ergänzende Fragen an die Sachverständige gestellt werden sollten bzw. die Erörterung des Sachverständigengutachtens im Termin erbeten werde.
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2020 hat die Kindesmutter um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht und beantragt, die zu gewährende Verfahrenskostenhilfe auf die erforderlichen Kosten eines unabhängigen Sachverständigengutachtens zu erstrecken, welches das gerichtlich eingeholte Gutachten einer kritischen Überprüfung unterziehen solle. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die Kindesmutter zur Überprüfung des Gutachtens auf eine sachverständige Person angewiesen sei. Zugleich hat sie ergänzende Fragen an die gerichtlich bestellte Sachverständige formuliert und um mündliche Erläuterung des Gutachtens gebeten (Bl. 230 d.A.).
Mit Beschluss vom 15. Oktober 2020 hat das Amtsgericht der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt und darauf verwiesen, dass über gegebenenfalls erstattungsfähige Auslagen nicht im Verfahrenskostenhilfebeschluss zu entscheiden sei (Bl. 245 f. d.A.).
Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2020 hat die Beschwerdeführerin um Erstattung von Kosten in Höhe von 2.784 EUR für die Einholung des privaten Sachverständigengutachtens gebeten (Bl. 269 d.A.) und dies mit Schriftsatz vom 23. November 2020 wiederholt (Bl. 275 d.A.).
Der Bezirksrevisor beim Landgericht hat mit Verfügung vom 25. November 2020 darauf hingewiesen, dass die für das Privatgutachten angefallenen Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung in dem amtswegig zu führenden Verfahren nicht notwendig gewesen und damit nicht erstattungsfähig seien (Bl. 277 f. d.A.).
Die Beschwerdeführerin hat ihren Antrag unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg aufrechterhalten (Bl. 290 d.A.).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. Dezember 2020 hat der zuständige Rechtspfleger beim Amtsgericht den Antrag auf Erstattung von Kosten für ein psychologisches Zweitgutachten unter Verweis auf die Ausführungen des Bezirksrevisors zurückgewiesen (Bl. 296 d.A.).
Gegen den ihrer Vertreterin am 29. Dezember 2020 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit am 5. Januar 2021 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde erhoben und auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren angetragen; zudem hat sie für den Fall der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt (Bl. 301).
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 305 d.A.).
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 85 FamFG i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden; sie hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Bezirksrevisors den Antrag auf Ausgleichung privater Gutachterkosten zurückgewiesen. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss, die er sich zu Eigen macht.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine Erstattung von Kosten für einen privat beauftragten Sachverständigen in Betracht, wenn diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig waren (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - VI ZB 56/02, juris Rn. 13 = BGHZ 153, 235 ff.; BGH, Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05, juris Rn. 10 = NJW 2006, 2415). Die Beurteilung dieser Frage hat sich dabei daran auszurichten, ob eine verständige und ...