Leitsatz (amtlich)
In Kindschaftssachen stellen Kosten eines Privatgutachtens weder notwendige Kosten der Rechtsverfolgung dar noch ist im Rahmen gewährter Verfahrenskostenhilfe ein Kostenvorschuss für die Einholung eines Privatgutachtens zu gewähren.
Normenkette
FamFG § 80; RVG § 47; ZPO § 91 Abs. 1
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht Mayen vom 21.01.2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde des Kindesvaters gegen den den Antrag auf Gewährung eines Vorschusses zur Einholung eines Privatgutachtens ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mayen vom 21.01.2019 hat in der Sache aus den zutreffenden Gründen des Beschlusses keinen Erfolg.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Kindesvaters beantragte mit Schreiben vom 18.01.2019 die Gewährung eines Vorschusses zur Einholung eines Privatgutachtens mit der Begründung, das von Amts wegen eingeholte Sachverständigengutachten bescheinige dem Kindesvater eine narzisstische Persönlichkeitsstörung und enthalte weitere fachliche Schlussfolgerungen, die nur durch eine gutachterliche Stellungnahme bewertet werden könne. Der Verfahrensbevollmächtigte des Kindesvaters jedenfalls sei nicht in der Lage, zu dem vorliegenden Sachverständigengutachten dezidiert Stellung zu nehmen; vielmehr müsse das Gutachten durch einen Sachverständigen analysiert und bewertet werden. Insoweit sei ihm nach § 47 Abs. 1 RVG ein Vorschuss für die Einholung eines Privatgutachtens zu bewilligen.
Zu Recht und mit zutreffender ausführlicher Begründung hat das Familiengericht diesen Antrag zurückgewiesen.
Abgesehen davon, dass die Sachverständige dem Kindesvater - entgegen dessen Vortrag - keine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert, sondern lediglich im Rahmen des Gutachtens ausgeführt hat, dass - ohne eine eingehende Diagnostik vorgenommen zu haben - Auffälligkeiten bei dem Kindesvater benannt werden können, die aus gutachterlicher Sicht Hinweise auf narzisstische Persönlichkeitszüge geben, ist die Einholung eines Privatgutachtens zur Rechtswahrnehmung nicht erforderlich.
Kosten eines Privatgutachtens gehören nur dann zu den nach § 91 ZPO (§ 80 FamFG) zu erstattenden Kosten bzw. können nur dann als Vorschuss nach § 47 RVG gewährt werden, wenn diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sind (OLG Celle BauR 2009, 285, 286; OLG Dresden Beschluss vom 08.01.2016, 22 UF 966/14). Diese Voraussetzung ist nur dann gegeben, wenn ein Privatgutachten dazu dient, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu überprüfen, zu widerlegen oder zumindest zu erschüttern (OLG Celle BauR 2009, 285, 286) oder wenn eine Partei auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen angewiesen ist, um ihrer Darlegungs- und Beweislast zu genügen, Beweisangriffe abzuwehren oder Beweisen des Gegners entgegentreten zu können (OLG Hamm AnwBl. 2013, 771, 772; OLG Köln Beschluss vom 16.02.2012, 4 WF 11/12; OLG Koblenz OLGR Koblenz 2008, 41),
Diese Konstellationen aber sind vorliegend nicht gegeben. Für Kindschaftsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG, dh. das Familiengericht hat ebenso wie der Senat im Beschwerdeverfahren den Sachverhalt umfassend aufzuklären; die Beteiligten trifft eben anders als in den Familienstreitsachen insoweit keine Vortrags- und Beweislast (OLG Köln a.a.O.). Vielmehr ist das Familiengericht von Amts wegen ohne Bindung an Beweisanträge der Beteiligten zur Aufklärung des Sachverhalts in jeder sachdienlichen Richtung verpflichtet. Und der vom Gericht bestellte Sachverständige ist verpflichtet, das Gutachten unparteiisch zu erstatten (§ 30 FamFG iVm. §§ 407 ff., 410 ZPO) und im Rahmen einer mündlichen Erörterung die von Seiten der Beteiligten oder deren Verfahrensbevollmächtigten gestellten Fragen zu beantworten und bei Bedarf die schriftlichen Ausführungen zu erklären und gegebenenfalls zu ergänzen.
Mithin hat das Familiengericht den Antrag des Verfahrensbevollmächtigten auf Gewährung eines Vorschusses zur Einholung eines Privatgutachtens zu Recht abgelehnt.
Fundstellen
Haufe-Index 13472572 |
FamRZ 2020, 186 |