Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensbeistand im Anerkennungsverfahren nach AdWirkG
Leitsatz (amtlich)
1. Im Anerkennungsverfahren nach §§ 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 2 Abs. 1 AdWirkG ist in entsprechender Anwendung der §§ 191, 158 FamFG ein Verfahrensbeistand für das anzunehmende Kind zu bestellen, wenn dies zur Wahrung seiner Interessen erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn zu besorgen ist, dass die Interessen der nach dem ausländischen Recht sorgeberechtigten Eltern, die eine Anerkennung der Adoptionsentscheidung anstreben, in einen Konflikt zu den Interessen des Kindes geraten.
2. Unterbleibt die gebotene Bestellung eines Verfahrensbeistandes als Muss-Beteiligter nach § 7 Abs. 2 FamFG, kann das Beschwerdegericht gem. § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen.
3. Im Rahmen der Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG sind bei der nach § 4 Abs. 1 S. 2 AdWirkG vorzunehmenden Prüfung ähnliche Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung zu stellen wie in kindschaftsrechtlichen Verfahren, d.h. das Verfahren muss so gestaltet sein, dass möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkannt werden kann.
Normenkette
AdWirkG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 2; FamFG § 7 Abs. 2, §§ 26, 69 Abs. 1 S. 2, §§ 158, 191
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen ...) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 17.10.2023 wird dieser
a u f g e h o b e n.
Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt am Main
z u r ü c k v e r w i e s e n.
II. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Bundeszentralstelle für Auslandsadoption beim Bundesamt für Justiz wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die erstinstanzliche Anerkennung einer kenianischen Adoptionsentscheidung.
Die Annehmende, geboren am XX.XX.1972, ist kenianische Staatsangehörige mit Niederlassungserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland. Sie lebt seit 1994 in Deutschland und hat am XX.XX.2019 den am XX.XX.1960 geborenen weiteren Beteiligten zu 3), der deutscher Staatsangehöriger ist und in dessen Betrieb sie beschäftigt ist, geheiratet.
In Kenia, das Vertragsstaat des Haager Adoptionsübereinkommens (HAÜ) ist, besteht seit dem 26.11.2014 ein Moratorium, welches internationale Adoptionen untersagt.
Kurz nach der Geburt der Anzunehmenden am XX.XX.2021 nahm die Annehmende diese in Kenia in ihre Obhut, hält sich seither mit der Anzunehmenden in Kenia auf und betrieb ab Mitte 2022 ohne Beteiligung einer deutschen, zur internationalen Adoptionsvermittlung berechtigten, Fachstelle vor den dortigen Behörden die Adoption der Anzunehmenden. Die Annehmende verfolgt das Ziel, mit der Anzunehmenden nach Deutschland überzusiedeln und dort gemeinsam mit der Anzunehmenden und ihrem Ehemann in Stadt1 zu leben.
Im Adoptionsverfahren stimmte der Ehemann der Annehmenden mit eidesstattlicher Erklärung vom 16.05.2022 der Adoption zu. Im Weiteren wurde er im Adoptionsverfahren weder beteiligt noch angehört. Gemäß Bescheinigung der kenianischen Adoptionsvermittlungsstelle (A) vom 15.06.2022 wurde das Kind zur Adoption freigegeben. In einem im Adoptionsverfahren eingeholten Bericht dieser Adoptionsvermittlungsstelle vom 04.07.2022 wird unter anderem ausgeführt, dass die leibliche Mutter per eidesstattlicher Erklärung ihre Zustimmung zur Adoption gegeben habe. Diese habe fünf weitere Kinder im Alter zwischen 14 und zwei Jahren, ihr Mann lehne das weitere Kind ab und der Vater der Anzunehmenden sei unbekannt. Ferner wird angegeben, dass mit der Annehmenden, die seit 2009 dauerhaft in Stadt2/Kenia lebe, ein Beratungsgespräch geführt und ein Hausbesuch an ihrer Wohnung in Kenia durchgeführt worden sei. Auch wird ausgeführt, dass die Anzunehmende seit ihrer Geburt in der Obhut der Annehmenden in Kenia lebe und zu dieser eine Beziehung aufgebaut habe. Ehe und Ehemann der Annehmenden werden im Bericht zwar erwähnt, allerdings nicht der Wunsch, in Deutschland zu leben. Eine Befassung mit Lebensumständen in Deutschland findet nicht statt. In einem Bericht des im Adoptionsverfahren beteiligten kenianischen Jugendamtes vom 03.08.2022 wird die Adoption befürwortet und dabei ebenfalls von einem Lebensmittelpunkt der Annehmenden mit der Anzunehmenden in Kenia ausgegangen. Auch in diesem Bericht findet eine Auseinandersetzung mit einer Übersiedelung nach Deutschland und den dortigen Lebensumständen nicht statt. Am 22.09.2022 wurde die Annehmende im Adoptionsverfahren von der kenianischen Richterin im Wege digitaler Bild- und Tonübertragung angehört. Sie gab dabei unter anderem an, seit 30 Jahren in Deutschland zu leben. Die leibliche Mutter erteilte am glei...