Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäße Zusammensetzung des Aufsichtsrats
Leitsatz (amtlich)
Für die Berechnung der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG maßgeblichen Anzahl der Arbeitnehmer sind nur die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer mitzuzählen. Dies steht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang.
Normenkette
AktG § 98; GG Art. 3; MitbestG §§ 1, 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.12.2017; Aktenzeichen 3-5 O 85/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Konzernmutter in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie beschäftigte zum 30. September 2017 in Deutschland 931 Arbeitnehmer und unter Berücksichtigung der gemäß § 5 Abs. 1 MitbestG zuzurechnenden Arbeitnehmer von in Deutschland belegenen Tochtergesellschaften 1.192 Arbeitnehmer, während im Fall der Einbeziehung auch der im Ausland belegenen Tochtergesellschaften mehr als 2.000 Arbeitnehmer für die Antragsgegnerin tätig sind.
Der Aufsichtsrat der Gesellschaft wird nach dem Drittelbeteiligungsgesetz besetzt und umfasst neun Mitglieder, von denen drei Mitglieder Arbeitnehmer sind. Hierzu vertritt der Antragsteller die Auffassung, diese Besetzung des Aufsichtsrats entspreche nicht den gesetzlichen Vorschriften, weshalb er - wie in zahlreichen weiteren, gegen andere Gesellschaften gerichteten Verfahren ebenfalls - nach vorangegangenem außergerichtlichem Schriftverkehr die Durchführung eines gerichtlichen Statusverfahrens gemäß § 99 AktG eingeleitet und beantragt hat, über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats gerichtlich zu entscheiden. Er ist der Ansicht, bei der Ermittlung der nach dem Mitbestimmungsgesetz relevanten Arbeitnehmeranzahl seien die in ausländischen Tochtergesellschaften Beschäftigten mitzuzählen, weswegen die Antragsgegnerin den für die Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes maßgeblichen Schwellenwert von 2.000 Arbeitnehmern überschreite.
Das Landgericht hat nach Anhörung der Antragsgegnerin den Antrag zurückgewiesen (ZIP 2018, 128 [OLG Karlsruhe 12.09.2017 - 12 W 1/17] mit Anmerkungen von Backhaus, jurisPR-HaGesR 2/2018 Anm. 6). Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen dargelegt, der Aufsichtsrat sei zutreffend nach den Bestimmungen des Drittelbeteiligungsgesetzes gebildet worden, da die Antragsgegnerin mehr als 500, aber weniger als 2.000 Beschäftigte aufweise. Eine Berücksichtigung der in den ausländischen Tochtergesellschaften Beschäftigten sei entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht geboten. Hiergegen spreche bereits der Wille des historischen Gesetzgebers, der von einer Nichtberücksichtigung ausgegangen sei. Zudem wäre eine andere Auslegung mit den Grenzen des Souveränitätsanspruchs nationaler Gesetzgebung nicht vereinbar, da aufgrund des völkerrechtlichen Territorialanspruchs es dem deutschen Gesetzgeber grundsätzlich verwehrt sei, in die Rechtssetzungsbefugnisse anderer Staaten einzugreifen und damit zugleich dort gültige Regeln für die Aufsichtsratswahlen einer deutschen Gesellschaft zu erlassen. An dieser Auslegung würden die vom Antragsteller angeführten teleologischen Gesichtspunkte nichts ändern.
Gegen die dem Antragsteller am 30. Dezember 2017 (Bl. 46 d. A.) zugestellte und am 11. Januar 2018 im elektronischen Bundesanzeiger bekanntgegebene Entscheidung hat der Antragsteller mit einem beim Landgericht am 30. Januar 2018 (Bl. 55 d. A.) eingegangenen und von einem Rechtsanwalt unterschriebenen Schriftsatz befristete Beschwerde eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, das Landgericht führe zu Unrecht gegen die von ihm vertretene Auslegung der §§ 1, 5 und 7 MitbestG das Territorialitätsprinzip an, da allein die Berücksichtigung der im Ausland Beschäftigten bei der Ermittlung der Schwellenwerte keinen Eingriff in die völkerrechtlich garantierte Souveränität eines ausländischen Staates mit sich bringe. Zwar könne die Umsetzung eines aktiven oder passiven Wahlrechts von im Ausland Beschäftigten gegebenenfalls mit dem Territorialprinzip kollidieren. Doch seien die Fragen des bloßen Mitzählens und die Frage des Mitwählens voneinander zu trennen und unabhängig voneinander zu beantworten. Folglich seien auch die unionsrechtlichen Überlegungen zum aktiven oder passiven Wahlrecht, die der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2017 angestellt habe, von keiner Relevanz für die hiesige Fragestellung. Schließlich habe das Landgericht seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, da es in den Entscheidungsgründen nicht auf die im Rahmen des vorgelegten Rechtsgutachtens angestellten Erwägungen zu einer an dem Gleichheitssatz orientierten verfassungskonformen Auslegung eingegangen sei. Hilfsweise beantragt der Antragsteller für den Fall, dass man sich seinem Verstä...