Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines Ergänzungspflegers
Normenkette
BGB § 1809
Tenor
In Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengerichts - Stadt1 vom 23. März 2023 wird das Jugendamt Stadt2 für die im Tenor der Entscheidung genannten Aufgabenkreise zum Ergänzungspfleger bestellt.
Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden in beiden Instanzen nicht erhoben. Ihre außergerichtlichen Auslagen tragen die Beteiligten selbst.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 4.000,00 Euro.
Gründe
I. Das betroffene Kind und seine Zwillingsschwester A sind aus der Ehe der Beteiligten zu 3. (im Folgenden Kindesvater) und 4. (im Folgenden Kindesmutter) hervorgegangen. B wurde am 29. November 2022 von dem behandelnden Kinderarzt in die Kinderklinik in Stadt2 eingewiesen. Die Kinderklinik wendete sich an die Polizei, weil sich im Rahmen der Untersuchung des Kindes Anhaltspunkte für eine Kindesmisshandlung ergaben. Es wurde ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat nach § 225 StGB unter dem Aktenzeichen ... nur gegen den Kindesvater eingeleitet, weil die Eltern übereinstimmend angegeben hatten, dass die Kindesmutter vorwiegend die Zwillingsschwester und der Kindesvater das betroffene Kind betreue. Beide Kinder wurden zwischenzeitlich vom Jugendamt in Obhut genommen. Bei dem Amtsgericht Stadt1 wird derzeit das Verfahren ... geführt, die weiteren Verfahren ... und ... sind abgeschlossen. Mit Beschluss vom 05. Dezember 2022 hat das Amtsgericht den Kindeseltern vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitsfürsorge für beide Kinder und mit weiterem Beschluss vom 12. Dezember 2022 zusätzlich das Recht zur Antragstellung nach dem SGB VIII entzogen und auf das Jugendamt Stadt2 übertragen. Nach nachgeholter Anhörung und Erörterung hat es die Beschlüsse aufrechterhalten.
Im vorliegenden Verfahren hat die Staatsanwaltschaft angeregt, für das betroffene Kind einen Ergänzungspfleger mit konkret benannten Aufgabenkreisen zu bestellen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag der Staatsanwaltschaft vom 09. Dezember 2022 Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2022 ordnete die Rechtspflegerin des Amtsgerichts ohne Beteiligung und ohne vorherige Anhörung der Kindeseltern Ergänzungspflegschaft wie angeregt an und bestellte den Beteiligten zu 2. zum Ergänzungspfleger.
Auf die Beschwerde des Kindesvaters hob der Senat die Entscheidung mit Beschluss vom 31. Januar 2023 (Az. ...) auf, nachdem die Entscheidung an schwerwiegenden materiellen und formellen Mängeln litt. Es wird auf den Beschluss vom 31. Januar 2023 verwiesen.
Das Amtsgericht hat daraufhin die Kindeseltern und die übrigen Verfahrensbeteiligten angehört. Die Kindeseltern widersprachen einer Bestellung des Jugendamtes zum Ergänzungspfleger und schlugen stattdessen die Großeltern des betroffenen Kindes vor. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16. März 2023 verwiesen.
Mit Beschluss vom 23. März 2023 hat das Amtsgericht für das betroffene Kind Ergänzungspflegschaft für die Aufgabenkreise "Entscheidung über das dem Geschädigten zustehende Zeugnisverweigerungsrecht, die Entbindung behandelnder Ärzte/innen, medizinischen Personals und Hebammen von der Schweigepflicht, Zustimmung zu einer körperlichen Untersuchung des Kindes durch das GMI i.S.d. § 81c StPO und der Einwilligung in eine Verwertung der erhobenen Beweise nach § 81c Abs. 3 S. 3 und 5 StPO und die Stellung eines Strafantrags, eines Nebenklageantrags und eines Antrags nach §§ 406g, 397a StPO" angeordnet und den Eltern die elterliche Sorge für die Aufgabenkreise, in denen die Eltern nicht von Gesetzes wegen von der Vertretung ausgeschlossen sind, entzogen. Zugleich bestellte es den Beteiligten zu 2. zum Ergänzungspfleger. Zur Begründung der angeordneten Ergänzungspflegschaft verwies die Rechtspflegerin auf die §§ 1629 Abs. 2, 1824 Abs. 1 Nr. 3, 1809 Abs. 1 BGB und §§ 52 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3, 81c StPO und zur Begründung des Entzuges der elterlichen Sorge auf §§ 1629 Abs. 2, 1789 Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB. Dem Wunsch der Eltern, die Großeltern zu bestellen, könne nicht nachgekommen werden, da die Gefahr bestehe, dass diese auf Seiten der Eltern oder eines Elternteils stehen könnten. Bei der Auswahl des Ergänzungspflegers sei daher eine neutrale Person mit Rechtskenntnissen gewählt worden, die hier aufgrund der hohen Streitigkeit im Verfahren von Nutzen sein können. Den Eltern stehe ohnehin kein aus der elterlichen Sorge herzuleitendes Benennungsrecht zu. Kostengesichtspunkte hätten bei der Auswahl des Ergänzungspflegers zurückzutreten, wenn vorrangige Gesichtspunkte - wie z.B. die Neutralität - infrage stünden.
Hiergegen richtet sich die zu einem unbekannten Zeitpunkt bei dem Amtsgericht und mit Akte beim Oberlandesgericht am 12. April 2023 eingegangene Beschwerde der Kindeseltern, die durch einen nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassenen Bevollmächtigten eingelegt wurde. Dieser macht unter anderem...