Leitsatz (amtlich)
Eine Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und die in einem Vergleich einen Teil der Kosten übernommen hat, kann im Kostenfestsetzungsverfahren für die von der Gegenpartei verauslagten Gerichtskosten in Anspruch genommen werden.
Verfahrensgang
LG Fulda (Aktenzeichen 2 O 416/07) |
Gründe
In dem vorliegenden Rechtsstreit wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2008 schlossen die Parteien einen Vergleich, nach dem der Kläger von den Kosten des Rechtsstreits 30% übernahm. Mit Kostenrechnung vom 03.07.2008 wurden ihm daraufhin Gerichtskosten in Höhe des übernommenen Anteils von 256,80 EUR in Rechnung gestellt. Mit Schriftsatz vom 28.07.2008 bat der Kläger um Rücknahme der Kostenrechnung, da ihm Prozesskostenhilfe gewährt worden sei. Das Landgericht hob mit Beschluss vom 08.08.2008 die Kostenrechnung auf. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, im Falle einer Verurteilung mit entsprechender Kostenquote sei der Kläger wegen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der Zahlung der Gerichtskosten befreit. Es leuchte nicht ein, warum dies im Falle eines Vergleichs anders sein solle. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Staatskasse, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
Die nach § 66 II GKG statthafte Beschwerde ist auch ansonsten zulässig und in der Sache auch begründet.
Der Kläger schuldet die ihm in Rechnung gestellten Gerichtskosten aufgrund des § 29 Nr. 2 GKG, da er sich in dem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hat, 30% der Gerichtskosten zu übernehmen. Diese Haftung des sogenannten Übernahmeschuldners für die Gerichtskosten wird nicht dadurch ausgeräumt, dass das Landgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt hatte.
Nach der Rechtsprechung des Senats, die mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur übereinstimmt, kann eine Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und die in einem Vergleich einen Teil der Kosten übernommen hat, im Kostenfestsetzungsverfahren für die von der Gegenpartei verauslagten Gerichtskosten in Anspruch genommen werden. Das wird auch nicht durch die Bestimmung des § 31 III Satz 1 GKG (früher § 58 II 2 GKG) in Frage gestellt, denn diese Vorschrift betrifft nur den Entscheidungsschuldner, d.h. denjenigen, dem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind (§ 29 Nr. 1 GKG), nicht aber den Übernahmeschuldner (Senat Beschlüsse vom 09.07.2003 - 14 W 50/03 - und vom 20.10.2003 - 14 W 87/03 - ; BVerfG NJW 2000, 3271 ff; BGH JurBüro 2004, 204 ff; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 23 GKG, Rdn. 23 m.w.N. Zöller / Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 123, Rdn. 6).
Allerdings geht es im vorliegenden Fall nicht um die Erstattung verauslagter Kosten der Gegenpartei, weswegen § 123 ZPO, wonach die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss hat, nicht einschlägig ist. Indes gilt für das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Staatskasse für den Fall einer Kostenübernahme nichts anderes.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bewirkt zwar nach § 122 I Nr. 1 a ZPO, dass die bedürftige Partei zumindest vorläufig von der Zahlung der Gerichtskosten befreit wird. Das betrifft fraglos die Fälle, dass die klagende Partei als Antragstellerin des Verfahrens oder als Entscheidungsschuldnerin die Gerichtskosten schuldet. Die Gefahr, dass die Staatskasse mit vermeidbaren Kosten belastet wird, ist dadurch eingeschränkt, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung bzw. - verteidigung voraussetzt, § 114 ZPO. Anders verhält es sich aber, wenn die bedürftige Partei freiwillig die Gerichtskosten ganz oder zum Teil übernimmt. In einem solchen Fall hat es die bedürftige Partei selbst in Hand, ob sie Gerichtskosten trägt oder nicht und in welchem Umfang das geschieht. Würde man auf der Grundlage des § 122 I Nr. 1 a ZPO gleichwohl Kostenfreiheit gewähren, bestünde die Gefahr, dass eine einvernehmliche Kostenregelung zum Nachteil der Staatskasse vereinbart würde. Daraus folgt, dass die auf § 29 Nr. 2 GKG beruhende Kostenhaftung des Übernahmeschuldners von § 122 I Nr. 1 a ZPO unberührt bleibt. Eine derartige Haftung der bedürftigen Partei für vereinbarte Kosten wird im Übrigen auch bejaht im Falle einer vereinbarten Sachverständigenentschädigung. In solchen Fällen haftet sie uneingeschränkt für den Differenzbetrag zwischen der vereinbarten und der gesetzlichen Sachverständigenentschädigung (OLG Frankfurt JurBüro 1986, 79; Zöller / Philippi a.a.O., § 122, Rdn. 3).
Der Einwand des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung, es könne nicht angehen, eine vergleichsbereite Partei mit der Auferlegung von Kosten zu "bestrafen" und die "nicht einsichtige Partei", die es auf eine Entscheidung ankommen lasse, quasi "zu belohnen", greift nach Auffassung des Senats nicht durch.
Denn ein Vergleich, der den Rechtsstreit erledigt,...