Leitsatz (amtlich)
Für die Tätigkeit im Entschädigungsverfahren steht dem Vollverteidiger keine gesonderte Gebühr zu. Eine analoge Anwendung der Nr. 4143, 4144 VV RVG ist nicht möglich.
Verfahrensgang
LG Gießen (Entscheidung vom 20.09.2005; Aktenzeichen 7 KLs 405 Js 13930/04) |
Gründe
Durch Urteil des Landgerichts Gießen vom 20.09.2005 (7 KLs 405 Js 13930/04), rechtskräftig seit demselben Tage, wurden die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt und die Kosten des Verfahrens der Staatskasse auferlegt. Durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Gießen vom 30.11.2005 wurden daraufhin 1.706,82 EUR Kostenerstattung an die Verteidigerin antragsgemäß zugebilligt.
Auf den danach gleichfalls über die Verteidigerin gestellten Antrag auf Feststellung, dass dem Betroffenen eine Haft- bzw. Unterbringungsentschädigung zustehe, lehnte das Landgericht dies durch Beschluss vom 20.03.2006 ab.
Diese Entscheidung wurde auf die über die Verteidigerin eingelegte sofortige Beschwerde durch Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 18.05.2006 (3 Ws 509/06) aufgehoben und angeordnet, dass der vormals Beschuldigte eines Unterbringungsverfahrens gemäß § 2 StrEG für die Dauer der Untersuchungshaft bzw. der einstweiligen Unterbringung vom 25.06.2004 bis zum 20.09.2005 zu entschädigen ist. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt.
Der Antragsteller wurde daraufhin durch Bewilligungs- und Aufrechnungsbescheid der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt vom 13.07.2006 (4 StrES 140/06) entschädigt. Ihm wurden für 453 Tage Freiheitsentziehung 4.983,- EUR Immaterialschadensersatz zugebilligt, zuzüglich 477,11 EUR an Rechtsanwaltskosten, nämlich als notwendige Auslagen für die Inanspruchnahme der Verteidigerin als Verfahrensbevollmächtigte im Entschädigungsverfahren, die sich aus 1,3 Gebühren gemäß Nr. 2400 VV RVG, nämlich 391,30 EUR, zuzüglich 20,- EUR Auslagen und 65,81 EUR Umsatzsteuer zusammensetzten.
Hiergegen wurde mit einer Forderung der Staatskasse gegen den vormals Beschuldigten in Höhe von 362,31 EUR aufgerechnet und 5.097,80 EUR an die Verteidigerin als Verfahrensbevollmächtigte ausgezahlt.
Durch Kostenfestsetzungsantrag vom 09.06.2006, völlig identisch nochmals wiederholt am 01.12.2006, beantragte die Verteidigerin, wegen "Entschädigung nach dem StrEG" 1.617,62 EUR als von der Staatskasse an sie zu ersetzend festzusetzen. Bereits am 08.06.2006 hatte sie beantragt, wegen "Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen" 721,52 EUR als von der Staatskasse an sie zu ersetzend festzusetzen.
Durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Gießen vom 29.12.2006 wurden 581,86 EUR als von der Staatskasse an die Verteidigerin zu ersetzend festgesetzt, nämlich ausschließlich für die Vertretung im Beschwerdeverfahren 3 Ws 509/06. Insofern wurden 481,60 EUR als 1,6 Gebühren aus Nr. 2300 VV RVG, zuzüglich 20,- EUR Auslagen und 80,26 EUR Umsatzsteuer angesetzt.
Hiergegen richtet sich die gemäß §§ 464b S. 3 StPO, i. V. m. 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde, mit der weiterhin eine höhere Kostenfestsetzung, nämlich Gebühren aus § 13, Nr. 4143, 4144 VV RVG für das Verfahren über die Feststellung der Entschädigungspflicht in zwei Instanzen aus einem Gegenstandswert von 4.972,- EUR in einer Gesamthöhe von 1.617,62 EUR begehrt wird.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da weder die im Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten, noch die beantragten weitergehenden Gebühren angefallen sind.
Für das der Entschädigungsgrundentscheidung nachfolgende Entschädigungsbetragsverfahren ist der Verteidigerin als Verfahrensbevollmächtigte bereits durch den Bewilligungs- und Aufrechnungsbescheid der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt vom 13.07.2006 der Ersatz notwendiger Auslagen aus einem insofern außergerichtlichen Verfahren - nämlich dem Justizverwaltungsverfahren gemäß § 10 StrEG - aus Nr. 2400 VV RVG zugebilligt worden. Hiergegen wendet sich die Beschwerde auch nicht, zumal diese Entscheidung nicht im Beschwerdewege angreifbar ist, sondern dagegen die Leistungsklage im ordentlichen Rechtsweg erhoben werden müsste.
Zwar sind hierin nicht - wovon der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss und die Vorlageentscheidungen des Landgerichts vom 29.01.2007 und 21.02.2007 aber ausgehen - auch bereits Gebühren für das Verfahren über die Entschädigungsgrundentscheidung enthalten.
Das Entschädigungsbetragsverfahren ist vielmehr von der Entschädigungsgrundentscheidung gesondert zu betrachten. Aus dem Bewilligungs- und Aufrechnungsbescheid der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt vom 13.07.2006 geht dem entsprechend auch nicht hervor, dass hier über weitergehende Auslagen, als eben über die für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für das Entschädigungsbetragsverfahren gemäß § 10 StrEG entschieden worden wäre.
Die Entschädigungsgrundent...