Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung des Unternehmenswertes anhand des Börsenwertes
Leitsatz (amtlich)
Der zur Ermittlung des angemessenen Ausgleichs nach § 304 Abs. 1 AktG heranzuziehende Unternehmenswert kann in pflichtgemäßer Ausübung tatrichterlichen Ermessens anhand des Börsenwertes der Gesellschaft geschätzt werden.
Normenkette
AktG §§ 304-305; SpruchG § 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 20.08.2019; Aktenzeichen 3-05 O 25/18) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller zu 60) bis 64) gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. August 2019 in der berichtigten Fassung vom 24. Oktober 2019 werden verworfen. Die Beschwerden der übrigen Antragsteller, nämlich der Antragsteller zu 9) bis 11), zu 13) bis 19), zu 24), zu 30) und 32), zu 40) bis 46) zu 56) bis 58), zu 70) bis 72) und zu 73) bis 79) werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Antragsteller zu 9) bis 11), zu 13) bis 19), zu 24), zu 30) und 32), zu 40) bis 46) zu 56) bis 58), zu 70) bis 72) und zu 73) bis 79) zugelassen.
Gründe
A. Die Antragsteller waren Aktionäre der X Beteiligungs- und Grundbesitzaktiengesellschaft (im Folgenden X AG), einer börsennotierten Gesellschaft mit Sitz in Stadt1. Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 136.802.552 EUR war in 136.802.552 Aktien eingeteilt, von denen sich am 6. Oktober 2017 noch etwa 19.303.000 Aktien im Streubesitz befanden. Die Aktien der Gesellschaft wurden im Regulierten Markt der Frankfurter Börse (Prime Standard) sowie an den Börsen in Hamburg und Stuttgart gehandelt.
Die X AG war im Handelsregister des Amtsgerichts Stadt1 eingetragen. Das Geschäftsjahr war das Kalenderjahr, der Gegenstand des Unternehmens bestand im Erwerb und der Verwaltung von in- und ausländischen Immobilien und Immobiliengesellschaften. Bei der Gesellschaft handelt es sich um eine Konzernmuttergesellschaft mit Aufgaben einer Managementholding, wobei die Immobilienbestände von den Tochtergesellschaften gehalten wurden. Der Fokus der Geschäftstätigkeit lag bei Büroimmobilien auf Objekten in Innenstadtlagen und an etablierten Bürostandorten. Bei Einzelhandelsimmobilien konzentrierte sich der X Konzern auf Metropolregionen in Deutschland, die eine hohe Bevölkerungsdichte und eine gute Infrastruktur aufwiesen. Das Immobilienportfolio des Konzerns bestand zum 30. Juni 2017 aus 57 Immobilien mit einer vermietbaren Gesamtfläche von ca. 426.198 Quadratmetern. Zum gleichen Zeitpunkt beliefen sich die jährlichen Mieteinnahmen auf 47,5 Mio. EUR bei einer Leerstandsquote von ca. 4,5 %.
Die Antragsgegnerin ist ebenfalls eine börsennotierte Aktiengesellschaft aus dem Immobilienbereich. Sie hat ihren Sitz in Stadt2 und sieht sich als führender Gewerbeimmobilienspezialist in Stadt2 sowie in regionalen Wirtschaftszentren weiterer Städte in den neuen Bundesländern. Seit Beginn des Jahres 2017 ist die Antragsgegnerin auch im Raum Stadt1 tätig. Ihr Unternehmensgegenstand ist das Betreiben von Immobiliengeschäften und der damit zusammenhängenden Geschäfte jedweder Art. Ihr Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Das Geschäftsmodell und die Unternehmensstrategie der Antragsgegnerin basierten auf den Säulen Portfolio Management, Asset und Property Management, Akquisitionen und Verkäufe sowie der Projektentwicklung auf selektiver Basis. Das Immobilienportfolio des Konzerns der Antragsgegnerin bestand zum 30. Juni 2017 aus 386 Immobilien mit einer vermietbaren Gesamtfläche von ca. 1,4 Mio. Quadratmetern, einer Jahresnettokaltmiete von etwa 157,1 Mio. EUR sowie einer Leerstandsquote von ungefähr 2,9 %.
Am 10. Mai 2017 beschlossen der Vorstand und der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin, den Aktionären der X AG ein freiwilliges Übernahmeangebot zu unterbreiten, wobei 23 X AG Aktien gegen 4 Aktien der Antragsgegnerin angeboten wurden. Der von der BaFin nach § 31 Abs. 1, 7 WpÜG - Angebots - VO berechnete gültige Mindestpreis der Aktie betrug für den Dreimonatszeitraum vor dem 10. Mai 2017 für die X AG 3,03 EUR und für die Antragsgegnerin 18,13 EUR (Bd XVL Bl. 121 d. A.). Das Angebot wurde am 27. Juni 2017 veröffentlicht. Bis zum Ablauf der zwischenzeitlich bis zum 26. September 2017 verlängerten Annahmefrist nahmen 117.505.327 Aktien, das entspricht 85,89 % des Grundkapitals und der Stimmrechte an der X AG, das Angebot an. Am 6. Oktober 2017 wurde die zur Durchführung des Übernahmeangebots erforderliche Kapitalerhöhung im Handelsregister der Antragsgegnerin eingetragen. Hiernach betrug das Grundkapital der Antragsgegnerin 94.611.266 EUR und war in eine entsprechende Anzahl auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt. Die Aktien waren zum Handel im Regulierten Markt der...