Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuch: Nachträgliche Erklärung über Gemeinschaftsverhältnis
Normenkette
GBO § 29 Abs. 1, § 47 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Alsfeld (Beschluss vom 21.03.2022) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag vom 14.02.2022 nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Gründe
I. Im Grundbuch ist A (im Folgenden: Schuldner) als Eigentümer des Grundstücks Straße1 in Stadt1 eingetragen.
Die Beteiligten erwirkten am 13.12.2019 gegen den Schuldner einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld (Az. ...; Bl. 126 d.A.) über 4.735,83 EUR Hauptforderung zuzüglich 411,15 EUR Verfahrenskosten, Nebenforderungen von insgesamt 376,34 EUR, ausgerechneten Zinsen von 248,77 EUR und laufenden Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.735,83 EUR ab 21.11.2019 und aus 10 EUR ab 12.08.2018. Die Beteiligten sind in dem Vollstreckungsbescheid ohne weitere Angabe ihres Verhältnisses zueinander als Antragsteller zu 1 und zu 2 angegeben. Als Prozessbevollmächtigte sind "Rechtsanwälte B und C" in Stadt2 aufgeführt. Als Gegenstand der Hauptforderung wird "Ärztliche oder Zahnärztliche Leistung gem. Rechnung Re.-Nr.: ... vom 12.07.18" mitgeteilt. Der Vollstreckungsbescheid wurde dem Schuldner am 18.12.2019 zugestellt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14.02.2022 haben die Beteiligten beantragt, auf dem genannten Grundstück eine Zwangssicherungshypothek wegen einer Forderung von 6.231,46 EUR "einschließlich kapitalisierter Zinsen" einzutragen (Bl. 121 ff. d.A.). Hierzu haben sie eine Forderungsaufstellung vorgelegt. Zu dem Gemeinschaftsverhältnis der Beteiligten wird in dem Antrag nichts mitgeteilt. Der originale Vollstreckungsbescheid soll vorgelegt worden sein.
Das Grundbuchamt hat mit Schreiben vom 17.02.2022 (Bl. 125 d.A.) darauf hingewiesen, dass die Gläubigerbezeichnung in dem Vollstreckungstitel den Anforderungen des § 750 Abs. 1 ZPO nicht genüge. Stehe ein Anspruch mehreren Gläubigern zu, müssten diese unter Angabe ihres Beteiligungsverhältnisses aufgeführt sein. Den Originaltitel hat das Grundbuchamt ausweislich der entsprechenden Verfügung zurückgesandt. In der Akte befinden sich nur noch unbeglaubigte Kopien.
Mit Beschluss vom 21.03.2022 (Bl. 134 d.A.) hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen, da die Gläubigerbezeichnung den Anforderungen des § 750 Abs. 1 ZPO nicht genüge. Auch in den sonstigen Unterlagen werde das Gemeinschaftsverhältnis der Beteiligten nicht angegeben (§ 47 GBO).
Die Beteiligten haben mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.04.2022 (Bl. 140 ff. d.A.) Beschwerde eingelegt und weiter verlangt, die "beantragte Zwangssicherungshypothek" einzutragen. Außerdem haben sie beantragt, das Grundbuchamt gemäß § 76 GBO anzuweisen, ihre "Rechte [...] aus dem zurückgewiesenen Antrag" durch Eintragung einer Vormerkung zu sichern. Zwar müsse ein Vollstreckungsbescheid, um ein für das Grundbuchverfahren tauglicher Titel zu sein, das Gemeinschaftsverhältnis mehrerer Gläubiger hinreichend bestimmt bezeichnen. Fehlten die erforderlichen Angaben im Titel, bestehe kein Eintragungshindernis, wenn sich das Gemeinschaftsverhältnis durch Auslegung unzweideutig ermitteln lasse. Werde der Titel von mehreren Gläubigern mithilfe eines gemeinsamen Rechtsanwalts gleichzeitig erwirkt und weise dieser nur einen einheitlichen Betrag aus, ohne nach unterschiedlichen Beteiligungen zu differenzieren, so sei dieser für das Vollstreckungsorgan so auszulegen, dass die Forderung in Gesamtgläubigerschaft geltend gemacht sei (Verweis auf BGH Rpfleger 1985, 321). Danach könne der vorliegende Vollstreckungsbescheid nur so verstanden werden, dass es sich um eine Gesamtgläubigerschaft handele.
Mit Beschluss vom 19.04.2022 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 199 ff. d.A.). Der vorgelegte Vollstreckungsbescheid lasse sich auch unter Berücksichtigung des mit der Beschwerde Vorgetragenen nicht zweifelsfrei dahingehend auslegen, dass es sich bei den Beteiligten um Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB handele. Es sei fraglich, ob die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs auf den vorliegenden Fall übertragbar sei, nachdem die Beteiligten durch zwei Rechtsanwälte vertreten worden seien. Darüber hinaus gehe die neuere Meinung bei der gegenständlichen Fallkonstellation von einer Berechtigung nach Kopfteilen aus (Verweis auf BGH NJWRR 2003, 1217). Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass die teilweise vertretene Auffassung, die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses könne allein durch die Gläubigerseite außerhalb des Vollstreckungstitels erfolgen, nicht geteilt werde.
II. Die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als der angefochtene Beschluss mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben kann. Eine Eintragung kann jedoch derzeit nicht erfolgen. Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht mehr zu entscheiden.
1. Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft ...