Leitsatz (amtlich)
- Die Härteklausel des § 27 VersAusglG dient nicht der Sicherstellung einer gerechten Vermögensauseinandersetzung der geschiedenen Ehegatten.
- Die Vorschrift bewirkt daher auch keinen dahingehenden Automatismus, dass nicht beitreibbare Forderungen der Ehegatten untereinander mit den im Wege des Versorgungsausgleichs auszugleichenden Versorgungsanrechten zu verrechnen wären.
- Vielmehr ist im Rahmen einer Einzelfallabwägung unter Einbeziehung sämtlicher Lebensumstände der geschiedenen Ehegatten festzustellen, ob und inwieweit die Halbteilung der während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte ausnahmsweise zu einem dem Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechenden Ergebnis führen würde.
Normenkette
VersAusglG § 27
Verfahrensgang
AG Wetzlar (Beschluss vom 15.05.2014; Aktenzeichen 617 F 1094/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. wird der angefochtene Beschluss im fünften Absatz abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. (Vers. Nr.) zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 23.783,11 Euro nach Maßgabe des Leistungsplans ARLEP/oG-V 2013 in Verbindung mit den Versicherungsbedingungen Tarif R-ARLEP/oG-V 2013, bezogen auf den 30.9.2012, übertragen.
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 4.320,- Euro.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 91 ff. der Akte Bezug genommen wird, schied das AG die Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin und führte den Wertausgleich bei der Scheidung durch. Neben der internen Teilung der Anrechte beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung (mit einem Saldo der korrespondierenden Kapitalwerte von 74.866,99 Euro zu Gunsten der Antragsgegnerin) ordnete das AG auch den Ausgleich von drei Anrechten des Antragstellers aus der betrieblichen Altersversorgung mit korrespondierenden Kapitalwerten von insgesamt 44.586,81 Euro an.
Mit ihrer am 10.7.2015 beim AG eingegangenen Beschwerde begehrt die BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V., welcher der Beschluss des AG nicht zugestellt worden war, eine dahingehende Berichtigung des Beschlusses, dass sie als Beteiligte in das Rubrum aufgenommen wird, dass das vom AG irrtümlich dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. zugeordnete Anrecht mit der Versicherungsnummer bei ihr besteht und dass für das im Wege der internen Teilung zu begründende Anrecht nicht der Versicherungstarif des ausgleichspflichtigen Anrechts, sondern nach Maßgabe der Versorgungsordnung ein eigener Tarif gilt.
Der Antragsteller begehrt mit seiner am 17.7.2015 beim AG eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 27.6.2015 zugestellten Beschluss die Beschränkung des Wertausgleichs auf die Anrechte beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung und einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit im Übrigen. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die geschiedenen Ehegatten sind Eigentümer eines von ihnen während der Ehe gemeinsam bewohnten Hausgrundstücks in D., welches mit einem dinglichen Wohnrecht zu Gunsten des Vaters der Antragsgegnerin belastet ist. Dieser nutzt die ihm zur Nutzung zustehende Dachgeschosswohnung derzeit allerdings nicht, sondern wohnt im Nachbarhaus. Die Dachgeschosswohnung wurde zuletzt an den Sohn der Antragsgegnerin aus erster Ehe vermietet. Der Kauf des Hausgrundstücks war durch ein von den geschiedenen Eheleuten gesamtschuldnerisch aufgenommenes Darlehen der Sparda-Bank Hessen eG finanziert worden. Das Haus wurde nach der Trennung der Eheleute im Juli 2011 von der Antragsgegnerin und den beiden gemeinsamen Kindern bewohnt. Der Antragsteller bediente die fälligen Darlehensraten zunächst weiter; diese Zahlungen wurden bei der Bemessung des von ihm geschuldeten Kindes- und Trennungsunterhalts berücksichtigt. Im Oktober 2012 stellte er die Zahlungen auf die Darlehensverbindlichkeiten ein, nachdem die Eheleute sich auf einen Verkauf des Hauses geeinigt hatten. Zu diesem Zeitpunkt valutierte das Darlehen einschließlich Vorfälligkeitsentschädigung auf einen Betrag von rund 300.000,- Euro. Nachdem ein Verkauf zu diesem Preis gescheitert war und die Bank eine Ablösung des Darlehens für den vom Sohn der Antragsgegnerin angebotenen Kaufpreis von 250.000,- Euro abgelehnt hatte, erklärte sich die Bank mit Schreiben vom 20.9.2013 mit einer Ablösung des von ihr mittlerweile gekündigten Darlehens für einen Betrag von 280.000,- Euro bis zum 31.12.2013 einverstanden. Der Antragsteller wirft der Antragsgegnerin vor, in der Folgezeit durch ihr Verhalten einen Verkauf der Immobilie zu einem die Belastungen deckenden Preis verhindert zu haben. Die Antragsgegnerin bewohnte das Haus bis zu ihrem Auszug im Ma...