Leitsatz (amtlich)
Es besteht keine gesetzliche Grundlage für die Erzwingung der Teilnahme an einer Begutachtung in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren.
Normenkette
FGG § 33
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Aktenzeichen 53 F 1935/99) |
Gründe
Die gem. § 19 FGG zulässige Beschwerde der Mutter ist auch in der Sache selbst begründet.
Zum Sachverhalt ist zunächst festzuhalten:
Die Eltern der beiden jetzt zehn und elf Jahre alten Mädchen sind geschiedenen Eheleute. Die elterliche Sorge für die Kinder steht der Mutter alleine zu. Die Eltern streiten seit Jahren in verschiedenen Verfahren wegen der Umgangsbefugnis des Vaters. Seit einiger Zeit verweigert die Mutter dem Vater jeglichen Umgang mit seinen Kindern mit der Behauptung, diese wollten ihren Vater nicht mehr sehen. Der Familienrichter hat die Beteiligten, insbesondere auch die beiden Kinder angehört und nach Abschluss seiner eigenen umfangreichen Ermittlungen die Einholung eines fachpsychologischen Gutachtens angeordnet. Da die Mutter sich weigert, daran mitzuwirken, hat ihr der Familienrichter ein Zwangsgeld angedroht. Hiergegen wendet sich die Mutter in diesem vorliegenden Beschwerdeverfahren.
Der Vorsitzende des Senats hat als beauftragter Richter in der Sitzung vom 24.10.2000 die Eltern und ihre Verfahrensbevollmächtigten persönlich angehört. Dabei hat er sich der gutachterlichen Hilfe des Herrn Professors Dr. ..., Leiter der Arbeitsstelle für Forensische Psychologie der Technischen Universität O1, bedient. Der Vorsitzende hat der Mutter zunächst die gegen sie sprechende Rechtslage erläutert. Der Sachverständige hat sodann den Eltern angeboten, mit ihnen ein ergebnisoffenes Mediationsverfahren durchzuführen. Die Mutter hat jedoch diese Hilfe wie auch für sich und die Kinder jegliche Beteiligung an einer gutachterlichen Beurteilung der anstehenden Gesamtproblematik strikt abgelehnt. Der Sachverständige, ersichtlich resigniert, konnte keine Erklärung für das uneinsichtige Verhalten der Mutter finden.
Die rechtliche Beurteilung des gegenwärtigen Verfahrensstandes führt nun dazu, dass die Androhung eines Zwangsgeldes zur Erzwingung der Teilnahme von Mutter und Kindern an einer Begutachtung ersatzlos aufzuheben ist, weil unter Zugrundelegung der Verfahrensordnungen FGG und ZPO keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage ersichtlich ist, die die Begutachtung der Verfahrensbeteiligten in Sorgerechts- und Umgangsrechtssachen ermöglicht.
Dieser in Literatur und Judikatur herrschen Auffassung (vgl. etwa OLG Ffm, 2. Familiensenat in FF 2000, 176; OLG Koblenz, FamRZ 2000, 1233) vermag der Senat keine Argumente entgegenzusetzen.
Die Nebenentscheidungen des vorstehenden Aufhebungsbeschlusses folgen aus § 13a FGG, §§ 131 III und 30 KostO.
Die Mutter hat nun dieses Beschwerdeverfahren zwar 'gewonnen', gleichwohl steht der Vater, gegen den greifbares und durchschlagendes Fehlverhalten nicht ersichtlich ist, nicht vor dem endgültigen Aus. Zur 'Beruhigung' des Vaters und als letztmaligen Appell des Senats an die Mutter mögen die nachfolgenden Hinweise dienen:
Nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, der einfachgesetzlichen Ausgestaltung im BGB und nach der Europäischen Menschenrechtskonvention steht beiden Elternteilen der uneingeschränkte Zugang zu ihren Kindern zu. Insbesondere für die Durchsetzung des Umgangsrechts, der Umgangspflicht des nichtsorgeberechtigten Elternteils haben die staatlichen Organe zügig Sorge zu tragen. Die Verletzung dieser staatlichen Verpflichtung führt zur Schadensersatzverpflichtung des Staates, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht im Urteil vom 13.7.2000 (DAVorm 2000, 679) unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat. Im vorliegenden Fall führt die Mutter dem Vater die Kinder nicht zu, sie missbraucht daher ihre Stellung als derzeit alleinsorgeberechtigter Elternteil, sie erweist sich als erziehungsunfähig. Gehört doch zur Erziehungsfähigkeit auch die Bindungstoleranz, wie der Senat wiederholt ausgesprochen (vgl. die Inbezugnahme durch das OLG Zweibrücken in DAVorm 2000, 694/699) und wie auch Prof. ... der Mutter im Anhörungstermin eindringlich klargemacht hat; auch wurde im Termin darauf hingewiesen, dass die Mädchen zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit des gegengeschlechtlichen Elternteils bedürfen. Die FamGbarkeit hat daher alles zu tun, um auch den Vorgaben des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs nachzukommen aber wie? Die zitierten Entscheidungen des 2. Familiensenats des OLG Ffm und des OLG Koblenz geben gewisse Hinweise, wie das weitere Vorgehen in derartigen Verweigerungsfällen (Parental Alienation Syndrome) gestaltet werden kann. Nach dem nun aber die Mutter den Hinweis des Senats in seinem Beschluss vom 1.8.2000, dass aus ihrer Verweigerungshaltung negative Schlüsse auf ihre weitere Erziehungsfähigkeit gezogen werden können, beharrlich ignoriert, und Zwangsgeldfestsetzungen zur Durchführung der noch immer bestehenden Umgangsregelung wegen derzeitiger Pfandlosigkeit der Mutter ins Leere gehen (ein früheres Zwangsgeld mu...