Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbehelf gegen Ablehnung Arrestantrag ohne mündliche Verhandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Ablehnung eines Arrestantrages ohne mündliche Verhandlung findet die sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO) statt.
2. Wenn das Guthaben auf einem Oder-Konto von Ehegatten aus einer Steuererstattung resultiert, liegt eine von der regelmäßig hälftigen Berechtigung anderweitige Bestimmung nahe (§ 430 BGB).
Normenkette
AO § 270; BGB § 430; FamFG § 119 Abs. 2; ZPO §§ 567, 922O
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 6.250 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten sind getrennt lebende Ehegatten. Sie sind Inhaber eines Oder-Kontos bei einer Sparkasse, auf das von der Finanzbehörde am 14.12.2011 eine Steuererstattung i.H.v. gut 28.000 EUR überwiesen wurde. Am selben Tag hat der Antragsgegner von diesem Konto 25.900 EUR auf ein auf seinen Namen laufendes Konto überwiesen. Die Antragstellerin erstrebt die Anordnung eines dinglichen Arrests in das Vermögen des Antragsgegners zur Sicherung einer Forderung i.H.v. 12.500 EUR. Sie ist der Auffassung, weil die Steuererstattung auf das Oder-Konto geflossen ist, stehe ihr gem. § 430 BGB die Hälfte des Guthabens zu. Sie müsse befürchten, dass der Antragsgegner das Geld ihrem Zugriff entziehen wolle. Er habe sich davon einen neuen Pkw gekauft. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG den Arrestantrag zurückgewiesen, da nicht dargetan sei, dass ohne Verhängung eines Arrests die Vollstreckung eines Urteils in der Hauptsache vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Mit der sofortigen Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, die illoyale Verfügung über das gemeinsame Guthaben mache deutlich, dass der Antragsgegner es anstrebe, ihr einen Vermögensnachteil zuzufügen.
Der Einzelrichter hat das Verfahren durch Beschluss vom 23.2.2011 gem. § 568 S. 2 ZPO auf den Senat übertragen.
Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gem. § 119 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 922 Abs. 1 S. 1 und 567 ff. ZPO statthaft. Bei dem zu sichernden Anspruch handelt es sich um eine Familienstreitsache i.S.d. §§ 266 Abs. 1 Nr. 3 und 112 Nr. 3 FamFG. In Familienstreitsachen kann das Gericht gem. § 119 Abs. 2 FamFG den Arrest anordnen. Dabei geltend die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Arrestverfahren entsprechend. Der Verweisung auf die §§ 916 ff. ZPO lässt sich nicht mit der - vor allem im Hinblick auf die das AG treffende Pflicht zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung - wünschenswerten Klarheit entnehmen, ob gegen Arrestbeschlüsse in Familienstreitsachen, denen keine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist, die befristete Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG oder die sofortige Beschwerde nach § 567 ff. ZPO eröffnet ist. In zivilgerichtlichen Verfahren kann das Gericht gem. § 922 Abs. 1 S. 1 ZPO über Arrestanträge nach mündlicher Verhandlung durch Urteil oder ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Gegen das Urteil ist die Berufung (§§ 511 ff. ZPO), gegen den stattgebenden Beschluss der Widerspruch (§ 924 ZPO) und gegen den abweisenden Beschluss die sofortige Beschwerde gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 2 und 569 ZPO statthaft. Dem Rechtsbehelfssystem des Arrestverfahrens nach §§ 916 ff. ZPO ist eigen, dass die erste Instanz aufgerufen ist, diejenigen Entscheidungen, die ohne mündliche Verhandlung ergangen sind, auf Verlangen noch einmal selbst zu überprüfen. Bei Erlass des Arrests ist auf den Widerspruch mündlich zu verhandeln und danach eine Endentscheidung zu treffen. Bei Ablehnung des Arrestes durch Beschluss ist die sofortige Beschwerde mit der Abhilfemöglichkeit nach § 572 Abs. 1 ZPO gegeben. In Familienstreitsachen ist § 922 Abs. 1 ZPO mit den unterschiedlichen Entscheidungsformen entsprechend anzuwenden. Wegen der Verschiedenheit der Rechtsmittelsysteme der ZPO und des FamFG bleibt unklar, ob auf die unterschiedlichen Entscheidungsformen auch unterschiedliche Rechtsmittel folgen. Die Rechtsprechung hat sich bislang bei Abweisung des Arrestantrages ohne mündliche Verhandlung für die Beschwerde nach § 58 FamFG ausgesprochen, weil auch eine solche Abweisung eine Endentscheidung i.S.d. § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG sei (OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 234; OLG München FamRZ 2011, 746 - Rechtsprechungszitate nach juris). Das Schrifttum spricht sich dagegen ganz überwiegend dafür aus, die Verweisung des § 119 Abs. 2 FamFG auf § 922 ZPO so auszulegen, dass damit auch die Anwendung der sofortigen Beschwerde nach Abweisung des Arrestantrages ohne mündliche Verhandlung angesprochen ist (Cirullies, Anm. zur Entscheidung des OLG München, FamRZ 2011, 748; Dose, Einstweiliger Rechtschutz in Familiensachen, 3. Aufl. Rz. 440; Geißler in Handbuch des FA FamR, 8. Aufl., § 1 Rz. 622; Prütting/Helms, 2. Aufl., Rz. 9 zu § 119 FamFG; Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, 3. Aufl., Rz. 19 zu § 119 ZPO, Gießler, Soyka, Vorl. Rechtsschutz in Familiensachen, 5. Aufl., Rz. 330; a.A. Keidel-...