Normenkette
StPO § 119
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 13.02.2012) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten mit Anklage vom 20. Januar 2011 die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit dem gemeinschaftliche Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mitglied einer Bande in 25 Fällen und das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei weiteren Fällen zur Last. Die Anklage wurde vor dem Landgericht Darmstadt - 4. gr. Strafkammer - durch Beschluss vom 8. Juni 2011 zugelassen. Der Angeklagte befindet sich seit dem 15. September 2010 in Untersuchungshaft, die Rechtmäßigkeit der Fortdauer der Untersuchungshaft wegen bestehender Fluchtgefahr wurde durch Beschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main 1. Strafsenats vom 13. April 2011 und 31. August 2011 bestätigt.
Mit seiner Lebensgefährtin, der ebenfalls Beschuldigten A, hat der Angeklagte einen gemeinsamen ... Jahre alten Sohn. Am 13. Dezember 2011 erteilte das Landgericht Darmstadt eine Dauerbesuchserlaubnis für beide, allerdings nur mit der Maßgabe, dass während des Besuchs in deutscher Sprache gesprochen oder eine Dolmetscherin beigezogen wird. Den Antrag des Angeklagten, die akustische Besuchsüberwachung aufzuheben, wies die Vorsitzende der Strafkammer mit Beschluss vom 13. Februar 2012 mit der Begründung zurück, der unkontrollierte Kontakt des Angeklagten zur Außenwelt gefährde den Haftzweck, da insoweit die Gefahr einer Verdunkelung bestehe.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 119 Abs.5 i.V.m. 304 Abs.1 StPO), aber unbegründet.
Gemäß § 119 Abs. 3 StPO i.V.m. § 119 Abs.1 S.1 StPO dürfen einem Gefangenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung der Vollzugsanstalt erfordern, wobei der Tatsache Rechnung zu tragen ist, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht verurteilt ist und deshalb allein den unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden darf (vgl. Senat, Beschluß vom 24.03.2005 - 3 Ws 258/05 - ; Beschluss vom 28.04.2005 - 3 Ws 372+389/05 - ; jew. m. w. N.). Zu den zulässigen Beschränkungen gehört gemäß § 119 Abs.1 S.2 Ziff.2 StPO auch die akustische Überwachung der Besuche des Untersuchungsgefangenen. Diese ist vorliegend auch im Sinne der genannten Norm zur Sicherung des Haftzwecks erforderlich und mangels weniger einschneidender Maßnahmen unvermeidlich. Ein unkontrollierter Kontakt des Angeklagten mit der Außenwelt würde den Haftzweck gefährden, wobei hierbei nicht nur der in den bisherigen Haftentscheidungen angeführte Haftgrund der Fluchtgefahr zu berücksichtigen ist, sondern durchaus der weitere, im Haftbefehl nicht aufgenommene Haftgrund der Verdunkelungsgefahr herangezogen werden kann, worauf die Strafkammer zu Recht hingewiesen hat. Dem Angeklagten wird hier vorgeworfen, als einer der Rädelsführer einer kriminellen Vereinigung Betäubungsmittel in die JVA Stadt1 durch Gefangenenbesuche oder Mauerüberwürfe eingeschmuggelt und damit Handel betrieben zu haben, so soll der Angeklagte in der Zeit vom Mai 2009 bis November 2009 als sog. "Aufpasser" in der Justizvollzugsanstalt Betäubungsmittel an untergeordnete Bandenmitglieder verteilt haben und nach seiner Haftentlassung mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben. Gegen die Lebensgefährtin des Angeklagten, deren Konten für Geldtransaktionen der Gruppierung genutzt worden sein sollen, wird gesondert ermittelt. Angesichts der komplexen Strukturen der Bande in und außerhalb der Justizvollzugsanstalten sieht daher der Senat auch noch im jetzigen Verfahrensstand die begründete Gefahr, dass der Angeklagte bei unüberwachten Besuchskontakten nicht nur Fluchtvorbereitungen treffen, sondern auch Verdunklungshandlungen absprechen könnte. Dies schließt seine in die Tatausführung involvierte Lebensgefährtin und auch seinen Sohn mit ein, da nicht auszuschließen ist, dass bei einer Kommunikation in russischer Sprache verdeckte, zur Weiterleitung bestimmte Mitteilungen gemacht werden. Die hiermit verbundene Erschwerung einer Kontaktaufnahme mit seiner Familie ist eine insoweit hinzunehmende Folge und belastet den Angeklagten, der seit 2001 in der Bundesrepublik lebt und zumindest über rudimentäre deutsche Sprachkenntnisse verfügen dürfte, nicht unverhältnismäßig.
Ob und welchen Beschränkungen der Angeklagte bei dem Telefonkontakt zu seiner Lebensgefährtin unterworfen worden ist, ist nicht verfahrensgegenständlich und auch nicht entscheidungserheblich.
Fundstellen
Dokument-Index HI11247550 |