Verfahrensgang
AG Darmstadt (Entscheidung vom 12.05.2008) |
LG Darmstadt (Entscheidung vom 16.11.2004; Aktenzeichen 520 JS 6346/03, 215 Ds - 14 Ns) |
Gründe
I.
Das Amtsgericht Darmstadt hat den Angeklagten durch Urteil vom 12. Mai 2004 wegen unrichtiger Angaben zur Beschaffung einer Aufenthaltsgenehmigung (§ 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG - jetzt: § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Darmstadt durch Urteil vom 16. November 2004 verworfen. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision.
II.
Die Revision ist aus den Gründen der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Jedoch hat der Strafausspruch keinen Bestand.
1.
Das Landgericht hält die Verhängung einer kurzzeitigen Freiheitsstrafe sowohl zur Einwirkung auf den bislang nicht vorbestrafen Angeklagten als auch zur Verteidigung der Rechtsordnung für unerläßlich (§ 47 Abs. 1 StGB). Hierzu führt es im Urteil aus, der Angeklagte habe auch in zweiter Instanz keinerlei Einsicht in die Unrechtmäßigkeit seines Tuns erkennen lassen. Vielmehr habe er den Standpunkt aufrecht erhalten, ohne weiteres alles tun zu können, um in den Vorteil einer Aufenthaltsgenehmigung zu kommen, auch wenn er hierzu nicht bei der Wahrheit bleiben müsse. Die Kammer ist weiter
"der festen Überzeugung, dass der Angeklagte aufgrund dieser Haltung ohne die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne weiteres auch in Zukunft jede Gelegenheit nutzen wird, um lediglich solche Angaben zu machen, die seinem Vorteil und der Erreichung des jeweiligen Antragszieles dienen können."
2.
Damit sind die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB nicht ausreichend belegt. Die Verhängung einer kurzzeitigen Freiheitsstrafe kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich dies aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist (vgl. BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 6). Diesem Maßstab wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Es ist nicht erkennbar, weshalb der vom Landgericht angenommenen Wiederholungsgefahr und "Unbelehrbarkeit" bei dem bislang unbestraften Angeklagten nicht ausreichend mit der Verhängung einer Geldstrafe entgegengewirkt werden kann. Dies gilt zumal, da das Landgericht im Rahmen der Erörterung der Voraussetzungen des § 56 Abs.1 StGB dem Angeklagten eine günstige Prognose stellt und die Erwartung äußert, daß er künftig keine Straftaten mehr begehen wird (vgl. BGH aaO).
Hinzu kommt, daß der Angeklagte nach den Feststellungen unabhängig von seinen falschen Angaben einen Anspruch auf die erteilte befristete Aufenthaltserlaubnis hatte. Diesen wesentlich strafmildernden Gesichtspunkt hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung nicht erkennbar berücksichtigt.
Zudem läßt der Vorwurf mangelnder Unrechtseinsicht besorgen, daß das Landgericht dem Angeklagten sein Verteidigungsverhalten strafschärfend angelastet hat (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 24). Das ist hier vor dem Hintergrund der Einlassung des Angeklagten, die die Strafkammer aufgrund tragfähiger Beweiswürdigung für widerlegt hält, bedenklich. Denn der Angeklagte hatte behauptet, das Formular zur Erteilung der Aufenhaltserlaubnis habe ohne seine Beteiligung die Zeugin Z1 -seine Schwester- ausgefüllt, weil er weder Deutsch noch Türkisch lesen oder schreiben könne. Er selbst habe nicht einmal auf das Formular gesehen und dann von sich aus bei Einreichung des Antrags die Angaben teilweise korrigiert (UA S. 4-5).
Schließlich ist die Verhängung der kurzzeitigen Freiheitstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung mit dem allgemeinen Hinweis auf eine etwaige Nachahmungsgefahr nicht tragfähig begründet.
Nach alledem war das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.
Fundstellen