Freiheitsstrafe für Ausstellung falscher Corona-Maskenatteste

Ein Strafgericht hat eine Medizinerin wegen unrichtiger Atteste zur Befreiung von der Corona-Maskenpflicht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Außerdem wurde ein dreijähriges Berufsverbot verhängt.

Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 309 Fällen – so lautete die Anklage. Die nach Medienberichten der Reichsbürgerszene nahestehende Ärztin soll Patienten und Interessenten ohne medizinische Indikationohne medizinische Indikation und ohne Gesundheitsuntersuchung bescheinigt haben, aus gesundheitlichen Gründen von der Pflicht zum Tragen einer Mundnasenbedeckung zum Schutz vor dem Cov-19-Virus befreit zu sein.

Strafverfahren wegen falscher Maskenatteste häufen sich

Die Fälle, in denen Ärzte wegen der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse zum Zweck der Befreiung von der Maskenpflicht im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie angeklagt werden, häufen sich. Besonders häufig lassen sich sogenannte Corona-Leugner von der Maskenpflicht befreien. Soweit bekannt wurden in den bereits abgeschlossenen Fällen bisher aber nur Geldstrafen oder Freiheitsstrafen verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Strafverfahren sind zur Zeit u.a. gegen einen Homöopathen aus Kaufering wegen der Ausstellung falscher Atteste in 117 FällenAusstellung falscher Atteste in 117 Fällen sowie gegen den bekannten Szene-Aktivisten Bodo Schiffmann anhängig.

Arzt aus Niederbayern zu einem Jahr und 8 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt

Im Mai dieses Jahres war ein Gynäkologe aus Passau wegen des Ausstellens falscher Maskenatteste in 79 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und 8 Monaten sowie zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 50.000 Euro verurteilt worden. Gegen den Arzt wurde ein Teilberufsverbot für die Dauer von 3 Jahren verhängt. Danach darf der Arzt keine Bescheinigungen oder Atteste mehr im Zusammenhang mit der coronabdingten Verpflichtung zum Tragen einer Mundnasenbedeckung mehr ausstellen. 

Atteste auf bloßen Zuruf 

Das Gericht bewertete es als strafverschärfend, dass der Arzt zum Teil weit entfernt wohnenden Patienten auf Zuruf und ohne vorherige Befunderhebung die gewünschten Atteste ausgestellt und damit insbesondere den vulnerablen Teil der Bevölkerung einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt habe.

Maskenattest gegen „Geldspende“ 

Bei der jetzt vom AG Garmisch-Partenkirchen verurteilten Ärztin führte die im Juli 2020 durchgeführten Durchsuchung ihrer Praxisräume zur Auffindung beweiskräftiger Unterlagen. Danach hatte die Ärztin Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht gegen eine Spende an eine „Aktionsgemeinschaft Leben in Freiheit“, eine örtliche Anti-Corona-Protestgruppe, ausgestellt. Auch sie selbst soll solche „Spenden“ als Gegenleistung für die Ausstellung von Attesten vereinnahmt haben.

Ärztin steht Reichsbürgerszene nahe

Die Ärztin reagierte auf die Praxisdurchsuchung in der Weise, dass sie ungerührt fortfuhr, unrichtige Gesundheitszeugnisse auszustellen. Sie selbst sieht sich als Kämpferin für die Freiheitsrechte ihrer Patienten. Die Ärztin besitzt nach eigenen Angaben anstelle eines Personalausweises eine sogenannte „Lebenderklärung“ und bemüht sich um die Erteilung eines Waffenscheins. In der mündlichen Verhandlung hatte die Ärztin angegeben, dem „indigenen Volk der Germaniten“ anzugehören. Nach diversen Medienberichten hat sie in der mündlichen Verhandlung zwar ein Teilgeständnis abgelegt, aber jegliche Einsicht vermissen lassen.

Erhebliche Wiederholungsgefahr 

Die Uneinsichtigkeit der Angeklagten, das Fehlen jedweden Unrechtsbewusstseins sowie die hohe Zahl der Einzeltaten waren laut einer öffentlichen Stellungnahme der Direktorin des Amtsgerichts, Christine Schäfer, für den Strafrichter Anlass, die Prognose für die Führung eines zukünftig straffreien Lebens der Angeklagten als äußerst negativ zu bewerten. Dies war einer der Hauptgründe, aus denen das Gericht die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung für nicht sinnvoll und nicht angemessen hielt. Die mit der mangelnden Unrechtseinsicht verbundene erhebliche Wiederholungsgefahr führte zu dem ausgesprochenen Berufsverbot von 3 Jahren.

Vorläufiges Berufsverbot bis zur Rechtskraft des Urteils

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung haben Berufung eingelegt. Bis zum Eintritt der Rechtskraft hat das Gericht ein vorläufiges Berufsverbot verhängt.

Hintergrund

Da die gegen die Ärztin erhobenen Tatvorwürfe sich auf das 1. Corona-Jahr 2020 beziehen, erfolgte die Verurteilung der Ärztin noch auf der Grundlage der im Jahr 2020 gültigen Rechtslage. Wegen einer Strafbarkeitslücke wurde die Strafvorschrift über die Ausstellung von unrichtigen Gesundheitszeugnissen § 278 StGB im November 2021 reformiert. Mit der Reform wurde insbesondere die Lücke der fehlenden Strafbarkeit des bloßen Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse geschlossen und die Strafandrohung deutlich angehoben. Seither beträgt die Maximalstrafe in besonders schweren Fällen gemäß § 278 Abs. 2 StGB bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe.

Kommentar des Bundesgesundheitsministers

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält das Urteil für hart, aber gerecht. Gewissenhaften Ärztinnen und Ärzten sei bekannt, dass der geringe Aufwand des Tragens einer Maske in stark frequentierten Innenräumen für manche Menschen lebensrettend sein könne. Die verurteilte Ärztin habe ihrem Schutzauftrag für die Gesellschaft durch Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse zuwidergehandelt.


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