Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 12 Abs. 2 WEG darf die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums nur aus wichtigem Grund versagt werden. Verweigert werden kann danach die Zustimmung, wenn die Übertragung des Wohnungseigentums auf den Erwerber für die übrigen Miteigentümer eine gemeinschaftswidrige Gefahr mit sich bringt. Diese Gefahr muss ihre Ursache in der Person des Erwerbers haben, ohne dass es auf ein Verschulden dieser Person ankommt. Da jeder Eigentümer aber grundsätzlich in der Verfügung über sein Eigentum frei ist und die Versagung der Zustimmung zu einer bestimmten Veräußerung einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Veräußerers bedeutet, ist eine Versagung der Zustimmung nur gerechtfertigt, wenn gewichtige Gründe in der Person des Erwerbers vorliegen, die befürchten lassen, er werde die Rechte der anderen Wohnungseigentümer nicht beachten.

2. Ein wichtiger Grund i.S.d. § 12 Abs. 2 WEG kann in der Unfähigkeit des Erwerbers liegen, sich in eine Gemeinschaft einzugliedern, z.B. durch nachgewiesene Streitsucht. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Erwerber und einem Wohnungseigentümer reichen hierzu allerdings in der Regel nicht aus.

3. Grundsätzlich kann die Frage der Zustimmung zur Veräußerung nicht mit der Auseinandersetzung über andere Streitfragen verknüpft werden.

 

Normenkette

WEG § 2

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 21.09.2004; Aktenzeichen 3 T 363/04)

AG Fritzlar (Aktenzeichen UR II 1/04)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 17.400 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Eigentümer der sich aus dem Rubrum ergebenden Wohnungseigentumsanlage. Der Antragsteller ist der Vater der Antragsgegnerin. Die jeweiligen Miteigentumsanteile wurden durch Teilungserklärung vom 31.10.1988, Urkundenrolle Nr. .../1988 des Notars A in O1, auf die Bezug genommen wird (Bl. 18 ff. d.A.), gebildet. Der Antragsteller ist Eigentümer der im Untergeschoss gelegenen Gastwirtschaft sowie der Wohnung im Erdgeschoss, die Wohnung im Dachgeschoss des Hauses steht im Eigentum der Antragsgegnerin.

Durch Erbvertrag vom 31.10.1988, Urkundenrolle Nr. .../1988 des Notars A in O1 (Bl. 77 ff. d.A.), wurde die Antragsgegnerin als Schlusserbin nach dem Letztversterbenden ihrer Eltern eingesetzt. Durch den Erbvertrag verpflichtete sich die Antragsgegnerin, an ihre Schwestern B und C ein Erbgeld i.H.v. je 25.000 DM zu zahlen. Diese Verpflichtung hat die Antragsgegnerin erfüllt. Nach dem Erbvertrag ist die Antragsgegnerin weiterhin verpflichtet, nach dem Tode des Antragstellers als überlebenden Elternteil den gesamten beweglichen Nachlass sowie Geldbeträge und Ersparnisse jeglicher Art an ihre beiden Schwestern herauszugeben.

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag mit Auflassung vom 20.9.2002, Urkundenrolle Nr. .../2002 des Notars D in O1, auf den ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 3 ff. d.A.), veräußerte der Antragsteller seine Miteigentumsanteile an der eingangs bezeichneten Wohnungseigentumsanlage an seine beiden weiteren Töchter C und B, welche für diesen Zweck die "E GbR" gründeten, zum Kaufpreis von 174.000 EUR. Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 der Teilungserklärung vom 31.10.1988, nach welchem zur Veräußerung eines Wohnungs- oder Teileigentums die Zustimmung des anderen Wohnungseigentümers nach § 12 erforderlich ist, bat der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 18.10.2002 (Bl. 11 ff. d.A.) um Erteilung der Zustimmung zur erfolgten Veräußerung durch den Vertrag vom 20.9.2002. Gleichzeitig forderte er die Antragsgegnerin auf, zu erklären, ob sie von ihrem ihr in § 9 Abs. 2 der Teilungserklärung eingeräumten Vorkaufsrecht Gebrauch mache. Letzteres verneinte die Antragsgegnerin. Gleichzeitig verweigerte sie die Erteilung der Zustimmung zu der erfolgten Veräußerung.

Mit Antrag vom 29.12.2003 hat der Antragsteller beim AG daraufhin die gerichtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung der angestrebten Zustimmung begehrt. Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten. Sie hat geltend gemacht, bei dem Kaufvertrag vom 20.9.2002 handele es sich um einen "fingierten" Kauf, der allein ihre Benachteiligung bezwecke. Die Käuferinnen verfügten nicht über die finanziellen Mittel, um den - im Übrigen weit überhöhten - Kaufpreis aufzubringen, was auch dadurch belegt werde, dass der Kaufpreis trotz vereinbarter Fälligkeit zum 1.12.2002 bis heute nicht an den Antragsteller gezahlt worden sei. Damit sei davon auszugehen, dass nach dem Willen der Vertragsschließenden der Kaufpreis von den Käuferinnen gar nicht gezahlt werden solle. Durch die Vereinbarung eines weit überhöhten Kaufpreises werde ferner ihr Vorkaufsrecht ausgehebelt. Darüber hinaus werde - so di...

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