Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Vertretung von nichtanwesenden Wohnungseigentümern in der Eigentümerversammlung durch den Verwalter
Verfahrensgang
AG Korbach (Aktenzeichen 1 II 63/83) |
LG Kassel (Aktenzeichen 6 T 196/84) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin und die weiteren Anschlußbeschwerden der Antragsteller zu 1. und 4. werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerden haben die Antragsgegnerin zu 1/2 und die Antragsteller zu 1. und 4. zu 1/2 zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten Findet nicht statt.
Wert: 20.000,– DM.
Gründe
Wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin und die Anschlußbeschwerden der Antragsteller zu 1. und 4. sind zulässig (zur Anschlußbeschwerde vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 77, 244; BGH WM 85, 1170; Bärmann-Pick-Merle, WEG, 5. Aufl., § 45 Rdnr. 5). Sie sind aber nicht begründet. Der angefochtene Beschluß ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Eigentümerversammlung vom 12.7.1983 beschlußfähig gewesen ist (§ 25 III WEG).
Dies zunächst deswegen, weil die in § 33 Nr. 8 IV der Teilungserklärung (TE) enthaltene Vollmacht des Verwalters zur Vertretung der nicht anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer nicht unwirksam ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob auf die TE das AGB-Gesetz anwendbar ist (BayObLG, Der Betrieb 79, 545; offen gelassen: BayObLG Rpfleger 82, 143) oder nicht (Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 8 Rdnr. 16 m.w.N.). Denn die Verwaltervollmacht in der TE verstößt weder gegen Vorschriften des AGB-Gesetzes (§§ 9–11) noch gegen den im WEG enthaltenen Grundsatz, daß die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Wohnungseigentümer erfolgt (§§ 21, 23 WEG). Sie ist keine Überraschungsklausel, sondern neben anderen Bestimmungen in der TE enthalten, die sich als erste einstimmige Vereinbarung der Wohnungseigentümer darstellt (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 44. Aufl., § 10 WEG Anm. 1 c). In einer Vereinbarung aber können die Miteigentümer im Rahmen ihrer privatrechtlichen Autonomie ihr Verhältnis untereinander und dabei auch Fragen der Beschlußfähigkeit und der Stimmrechtsverhältnisse regeln (Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 25 Rdnr. 9, 19).
Es kann im Interesse einer Gemeinschaft liegen, deren Miteigentümer – wie hier – von der Anlage weit entfernt wohnen, daß durch eine solche – zugegebenermaßen weitgehende Verwaltervollmacht die Beschlußfähigkeit der jeweils ersten Versammlung sichergestellt wird und die im Hinblick auf die Größe der Gemeinschaft erheblichen Kosten für die zweite Einladung gespart werden. Von einer sittenwidrigen Klausel kann dann auch im Hinblick darauf nicht gesprochen werden, daß die Verwaltung in Fällen der Interessenkollision (§ 25 V WEG.) vom Stimmrecht ausgeschlossen ist (Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 25 Rdnr. 54, 55, 61). Im übrigen bietet das WEG einschließlich der Anrufung des Gerichts (§ 43 WEG) genügend Handhaben, um gegen einen Mißbrauch der Vollmacht vorzugehen.
Soweit das Landgericht ohne rechtliche Bedenken bezüglich der Eigentümerbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 5 a und b (Abrechnung 1982 und Entlastung) eine zum Verlust des Stimmrechts führende Interessenkollision der Antragsgegnerin angenommen hat, ändert dies an der Beschlußfähigkeit nichts. Denn insoweit greift die Regelung des § 33 Nr. 7 TE ein, wonach die Anteile nicht stimmberechtigter Miteigentümer nicht außer Betracht gelassen werden dürfen, also mitzählen.
Bei der Feststellung, daß die Beschlüsse zu TOP 5 a, b nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustandegekommen sind, hat das Landgericht zwar übersehen, daß die abgegebenen Ja-Stimmen nicht auf die volle Stimmenzahl der anwesenden oder vertretenen Miteigentümer bezogen werden dürfen, weil hierbei nicht berücksichtigt wird, daß die Antragsgegnerin sich infolge ihres Stimmrechtsausschlusses an der Abstimmung garnicht hätte beteiligen dürfen. Ihre Ja-Stimmen hätten also nicht als Enthaltungen und nach Auffassung des Landgerichts damit als Nein-Stimmen gewertet werden dürfen (über das Problem der Bedeutung der Enthaltungen vgl. Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 25 Rdnr. 47 m.w.N.). Vielmehr waren gemäß § 33 Nr. 9 TE für die Mehrheit dieabgegebenen Ja- und Nein-Stimmen allein maßgebend. Der Mehrheitsbeschluß zu TOP 5 a, b ist aber gleichwohl nicht wirksam, weil er gegen die Abrechnungsregelung in der TE (§ 28) verstößt. Dort ist zulässig und wirksam die Beschlußfassung über die Abrechnung und Entlastung dahingehend abbedungen, daß anstelle des Eigentümerbeschlusses nach § 28 V WEG die Billigung oder der Widerspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die ihm übersandte Einzelabrechnung tritt (vgl. OLG Hamm OLGZ 82, 20/26; Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 28 Rdnr. 46).
Die Eigentümerbeschlüsse über den Wirtschaftsplan 1983 (TOP 5 c) und die Beiratswahl (TOP 6) sind n...