Leitsatz (amtlich)
Eine Partei, der ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt ist und die in einem Vergleich die Verpflichtung, die Gerichtskosten zu tragen, übernimmt, ist nicht von § 122 Abs. 1 Ziff. 1a) ZPO geschützt, es sei denn, auch dem Prozessgegner ist ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt (Festhaltung an der bisherigen Rechtsprechung des Senats entgegen der Auffassung des 3. Senats für Familiensachen des OLG Frankfurt).
Normenkette
GKG § 29 Nr. 2, § 31 Abs. 3; ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 20.08.2012; Aktenzeichen 2-5 O 84/11) |
Tenor
In der Beschwerdesache ... wird die Beschwerde der Klägerin 22.8.2012 gegen den Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 20.8.2012 zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Parteien führten einen Rechtsstreit mit einem Streitwert von EUR 56.900,-, für den der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Nachdem die Beklagte gegen das Urteil des LG vom 21.7.2011 (Bl. 133 bis 137 d.A.) Berufung eingelegt hatte (Bl. 145, 146 d.A.), schlossen die Parteien am 28.2.2012 vor dem OLG einen Vergleich, in dem sie u.a. vereinbarten, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden (Bl. 189, 190 d.A.).
Mit Gerichtskostenrechnung vom 8.3.2012 (Vorbl. II d.A.) setzte das LG Kosten i.H.v. EUR 556,- gegen die Klägerin an. Gegen diesen Kostenansatz legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 7.7.2012 (Bl. 21, 215 d.A.) Erinnerung ein, die das LG mit Beschluss vom 20.8.2011 (Bl. 228 bis 230 d.A.) zurückwies.
Mit Schriftsatz vom 22.8.2012 (Bl. 232, 233 d.A.) hat die Klägerin Beschwerde gegen den Beschluss vom 20.8.2012 eingelegt und zu deren Begründung u.a. ausgeführt, der in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des vorliegend zur Entscheidung berufenen Senats ergangene Beschluss des LG vom 20.8.2012 sei mit dem Wortlaut von § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO nicht zu vereinbaren. Auch könne die Klägerin nicht dafür "bestraft" werden, dass sie im Vergleich eine Kostenregelung vereinbart habe, die § 98 ZPO entspreche. Ihr werde der Schutz des § 122 ZPO entzogen, obwohl sie mit dem Abschluss des Vergleichs zum Rechtsfrieden beigetragen habe. Die vom Gesetzgeber intendierte Förderung gütlicher Prozessbeendigungen werde konterkariert, wenn man einer vergleichsbereiten Partei wie der Klägerin den Schutz des § 122 ZPO versage.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 234, 235 d.A.).
II. Die gem. § 66 Abs. 2 GKG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die von § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG vorausgesetzte Mindestbeschwer erreicht.
2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat die Erinnerung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen, weil es nicht zu beanstanden ist, dass das LG mit der Kostenrechnung vom 8.3.2012 Kosten i.H.v. EUR 556,- gegen die Klägerin angesetzt hat.
a) Die erstinstanzlichen Gerichtskosten betragen EUR 1.112,-.
Gemäß § 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1222 Ziff. 3 KV GKG fällt für ein durch gerichtlichen Vergleich beendetes Berufungsverfahren eine Gebühr nach § 34 GKG zu einem Satz von 2,0 an. Der einfache Satz dieser Gebühr beträgt bei einem Streitwert von EUR 56.900,- EUR 556,- (vgl. § 34 GKG in Verbindung mit Anlage 2 zum GKG), so dass sich EUR 1.112,- errechnen.
b) Diese Kosten schuldet die Klägerin zur Hälfte.
aa) Dies folgt aus § 29 Nr. 2, Alt. 2 GKG. Nach dieser Regelung schuldet die Gerichtskosten auch derjenige, der die Kosten in einem vor Gericht abgeschlossenen Vergleich übernommen hat. Ein solcher Vergleich liegt vor. Die Bestimmung in dem von den Parteien am 28.2.2012 geschlossenen Vergleich, der zufolge die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden, ist dahin zu verstehen, dass sich jede Partei verpflichtet hat, ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen (vgl. Vollkommer/Herget in Zöller, Rz. 1 zu § 92 ZPO).
bb) Der auf § 29 Nr. 2 GKG gründenden hälftigen Gerichtskostenschuld der Klägerin steht auch der Umstand nicht entgegen, dass ihr Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
Zwar bestimmt § 122 Abs. 1 Nr. 1a) ZPO, dass die bedürftige Partei infolge der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zumindest vorläufig von der Verpflichtung befreit ist, Gerichtskosten zu zahlen. Dies gilt aber nicht, wenn sie sich freiwillig dazu verpflichtet hat, diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen. Aus der in der Regelung des § 31 Abs. 3 GKG zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers ergibt sich, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur Entscheidungsschuldner i.S.v. § 29 Nr. 1 GKG davor schützt, Gerichtskosten tragen zu müssen. Dies ist sachgerecht, weil die bedürftige Partei selbst darüber entscheiden kann, ob sie zum Übernahmeschuldner i.S.v. § 29 Nr. 2 GKG wird. Eine aufgrund privatautonomer Entscheidung übernommene Kostentragungspflicht ist von anderer Qualität als eine durch gerichtliche Kostenentscheidung begründete, was eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt (vgl. hierzu BVerfG, Besch...