Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren zur gerichtlichen Bestellung von Vorstandsmitgliedern sind die Mitglieder des Aufsichtsrates sowie etwaige andere Vorstandsmitglieder zu hören.
Die gerichtliche Bestellung von Vorstandsmitgliedern kommt in der Regel nicht in Betracht, wenn die erforderliche Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern zwar durch den Aufsichtsrat bestellt wurde, die Wirksamkeit dieser Bestellung aber rechtlich zweifelhaft ist, weil die Wahl einzelner mitwirkender Aufsichtsratsmitglieder mit der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage angegriffen wurde, über die noch nicht rechtskräftig entschieden wurde.
Normenkette
AktG § 85 Abs. 1, §§ 245, 249; FGG § 145 Abs. 1, § 146 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 02.10.2007; Aktenzeichen 16 T 11/07) |
AG Offenbach (Aktenzeichen 5 HRB 22994) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 20.000 EUR.
Gründe
I. Am 16.4.2007 fand eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrates der Gesellschaft statt. Ausweislich des Protokolls fassten die drei anwesenden Aufsichtsratsmitglieder S., P. und Sch. dort jeweils getrennte Beschlüsse, mit denen der Amtsniederlegung und dem Abschluss von Verträgen über die Beendigung der Anstellungs- und Versorgungsverträge für die drei Vorstandsmitglieder W., E. und N. zugestimmt wurde. Außerdem wurden zwei Beschlüsse über die Bestellung von zwei neuen Vorstandsmitgliedern (Z. und L.) gefasst.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 3.7.2007 (16 O 386/05) stellte das LG Darmstadt die Nichtigkeit der in der Hauptversammlung vom 18.10.2005 gefassten Beschlüsse, darunter auch die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder R. und Sch., die an der Aufsichtsratssitzung vom 16.4.2007 mitgewirkt hatten, wegen eines Einberufungsmangels fest. Mit weiterem Urteil vom selben Tage (16 O 320/06) wurden auf Anfechtungsklage diverse Beschlüsse der Hauptversammlung vom 4.10.2006 - darunter die erneute Wahl der beiden vorgenannten Aufsichtsratsmitglieder - für nichtig erklärt; über die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG Frankfurt am Main (24 U 114/07 Zivilsenate Darmstadt) noch nicht entschieden.
Die Beschwerdeführerin zu 1 beantragte am 10.8.2007 beim Registergericht Offenbach am Main unter Hinweis auf die Amtsniederlegungen der bisherigen drei Vorstandsmitglieder W., E. und N., ihren Geschäftsführer ... und dessen Ehefrau ..., die Beschwerdeführerin zu 2, gerichtlich zum Notvorstand zu bestellen. Der Aufsichtsratsvorsitzende S. beantragte beim Registergericht Offenbach am Main am 22.8.2007 die Rechtsanwälte ... und ... zum Notvorstand zu bestellen. Die Personenvorschläge wurden wechselseitig jeweils abgelehnt.
Mit Beschlüssen vom 31.8.2007 lehnte die Registerrichterin die Anträge auf Bestellung von Notvorständen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Amtsniederlegungen der Vorstandsmitglieder W., E. und N. seien zur Unzeit erfolgt und deshalb rechtsmissbräuchlich und unwirksam, da in der Aufsichtsratssitzung vom 16.4.2007 abzusehen gewesen sei, dass wegen des bereits bestehenden Streits über die wirksame Bestellung von zwei Aufsichtsratsmitgliedern die Neubestellung von Vorstandsmitgliedern in absehbarer Zeit auf große Schwierigkeiten stoßen würde. Des Weiteren fehle es an der weiteren Voraussetzung der Dringlichkeit, da die zweite Anfechtungsklage noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und deshalb möglicherweise doch ein funktionsfähiger Aufsichtsrat wirksam bestellt worden sei. Letztlich sei die gerichtliche Bestellung von Vorstandsmitgliedern hier schlechterdings nicht durchführbar, da von unterschiedlichen Antragsstellern unterschiedliche Personen vorgeschlagen wurden und es nicht Aufgabe des Registergerichts sei, im Verfahren nach § 85 AktG die Differenzen über die Frage der Eignung auszutragen.
Am 31.8.2007 ging ein als Klage bezeichneter Schriftsatz bei dem Registergericht ein, mit dem die bisherigen Vorstände E., W. und N. die Feststellung begehrten, dass sie ordentlich bestellte Vorstände der Gesellschaft seien.
Außerdem ging während des Beschwerdeverfahrens vor dem LG ein Schreiben der E. vom 10.10.2007 bei dem Registergericht ein, in welchem sie als Vorstandsmitglied der Gesellschaft ausführte, sie selbst sowie die Herren W. und N. hätten zwar im Rahmen der Aufsichtsratssitzung vom 16.4.2007 ihre Vorstandsämter niedergelegt, sie seien jedoch durch den Beschluss des Registergerichts Offenbach am Main vom 31.8.2007 wieder in ihre Ämter berufen. Ihr sei nicht bekannt, inwieweit die in dieser Sitzung vermeintlich neue berufenen beiden Vorstände für die Gesellschaft tätig geworden seien und bitte vorsorglich etwaigen Schriftverkehr an die Gesellschaft an ein Büro in Gera zu richten. Außerdem teilt sie unter Vorlage entsprechender Schreiben mit, dass zwischenzeitlich Herr W. am 21.9.2007 sein Amt als Vorstandsvorsitzender und Herr R. am 17.9.2007 sein Aufsichtsratsmandat niedergelegt habe.
Das LG wies mit Beschluss vom 2.10.2007 die sofortige Beschwerde der beiden Beschwerdeführer zurück und führte zur Begründung im Wes...