Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbrecht: Wahl deutschen Rechts durch italienische Staatsbürger

 

Leitsatz (amtlich)

Italienische Staatsbürger, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, können durch gemeinschaftliche notarielle Erklärung jedenfalls dann deutsches Recht für ihr unbewegliches Vermögen in der Bundesrepublik Deutschland wählen, wenn sie zuvor in italienischen formgültigen Einzeltestamenten deutsches Recht für ihren Nachlass gewählt haben.

 

Normenkette

BGBEG Art. 25-26

 

Verfahrensgang

AG Bad Homburg (Beschluss vom 17.09.2010)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 10.000 EUR

 

Gründe

I. Die Erblasserin ist am ... 1924 in Stadt1/Italien geboren worden und am ... 05.2007 in Stadt1 verstorben.

Sie hatte mit ihrem am ... 1925 ebenfalls in Stadt1/Italien geborenen Ehemann, der am ... 05.2008 in Stadt2 (Deutschland, die Red.) nachverstorben ist, elf Kinder, die hiesigen Beteiligten zu 1), 4) -12).

Die älteste Tochter des Ehepaars ist am ... 07.2000 unter Hinterlassung von zwei Kindern, den Beteiligten zu 2) und 3), vorverstorben. Beide Eheleute hatten die italienische Staatsangehörigkeit und lebten seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik.

Die Erblasserin hat folgende letztwilligen Erklärungen hinterlassen:

Ein notarielles Testament vom 1.7.2000 vor dem Notar in Stadt3 (Italien, die Red.) (Bl. 18 ff., Übersetzung, Bl. 142 ff.). Dort heißt es u.a.:

" Da sich mein fester und endgültiger Wohnsitz in Deutschland befindet, wünsche ich, dass mein Nachlass vom deutschen Recht geregelt wird.

...

Mit diesem Testament möchte ich ausschließlich über meine Güter in Italien verfügen und behalte mir vor, über meine Güter in Deutschland an anderer Stelle zu verfügen."

Der Ehemann hat ebenfalls am 1.7.2000 vor dem nämlichen Notar in einer gesonderten Urkunde in vergleichbarer Weise verfügt (Bl. 139 ff.).

Die Eheleute haben außerdem am 8.8.2001 (Bl. 22/23) vor dem Notar in Stadt4 (Deutschland, die Red.) eine gemeinschaftliche Erklärung unterzeichnet, dass sie für die Vererbung ihres in der Bundesrepublik Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens deutsches Recht wählen.

Schließlich haben die Eheleute am 8.3.2002 ein gemeinschaftliches Testament vor dem Notar in Stadt4 (Deutschland, die Red.) errichtet (Bl. 28 - 34).

Der Beteiligte zu 1) hat als Testamentsvollstrecker für den nachverstorbenen Ehemann und Vater einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge nach italienischem Recht beantragt, der den Ehemann als Miterbe zu 1/3, die Beteiligten zu 2) und 3) jeweils zu 1/33 und die Beteiligten zu 1) sowie 4) - 12) jeweils zu 2/33 als Miterben ausweist (Bl. 3 ff.). Der Erbscheinsantrag wurde damit begründet, dass die Rechtswahl und das gemeinsame Testament vom 8.3.2002 unwirksam seien wegen des Verstoßes gegen das italienische Verbot von gemeinsamen bzw. gegenseitigen letztwilligen Verfügungen, wie auch das Nachlassgericht im Beschluss vom 13.8.2008 (4a VI .../08 (2008)) im Verfahren zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses nach dem Ehemann ausgeführt habe. Diese Entscheidung sei vom LG Frankfurt/M. bestätigt worden (Az.: 2-?9 T .../08, Beschluss vom 6.4.2009).

Durch Beschluss vom 17.9.2010 (Bl. 75) hat das AG Bad Homburg den Erbscheinsantrag mit der kurzen Begründung zurückgewiesen, die Erblasserin habe wirksam deutsches Recht gewählt, zwar nicht in dem notariellen gemeinschaftlichen Testament vom 8.6.2001, aber in dem Einzeltestament vom 1.7.2000.

Gegen den am 27.9.2010 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) durch einen am 28.10.2010 beim AG eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Der Beteiligte zu 1) bringt vor, das italienische Testament aus dem Jahr 2000 beziehe sich lediglich auf das italienische Vermögen. Wäre die Rechtswahl aus 2000 auch für das deutsche Nachlassvermögen von Bedeutung gewesen, wäre die Rechtswahl im Jahr 2001 überflüssig gewesen. Außerdem habe der Sohn ... kurz vor dem Tod der Erblasserin seinen Wohnsitz nach Italien verlegt. Dessen Erb- und Pflichtteilsverzicht würde nach italienischem Recht dessen Pflichtteilsrechte verletzen.

Das AG hat am 10.2.2011 einen Nichtabhilfebeschluss mit der Begründung erlassen, dass von den zur Begründung der Beschwerde angeführten Argumenten nur der Hinweis auf Art. 25 EGBGB näher in Betracht komme. Es zeige sich allerdings auch, dass auch die Anwendung von Art. 25 Abs. 2 EGBGB zur Anwendung deutschen Erbrechts beschränkt auf das im Inland belegene unbewegliche Vermögen führen würde.

Nach einer weit verbreiteten Auffassung, vgl. OLG Zweibrücken, 3 W 218/01, juris, sei die Rechtswahl regelmäßig im gesetzlich zulässigen Rahmen aufrechtzuerhalten. In jedem Fall seien die §§ 139, 2084 ff. BGB anzuwenden.

Für die vollständige Unwirksamkeit der Rechtswahl könnte nur sprechen, dass bei teilweiser Aufrechterhaltung der Rechtswahl eine Nachlassspaltung eintrete und diese möglicherweise von der Erblasserin nicht gewollt gewesen sei. Die Eheleute hätten umfangreichen Grundbesitz in Italien und Deutschland ge...

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