Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung der Erklärungen italienischer Ehegatten in einem vor einem deutschen Notar geschlossenen Erbvertrag im Hinblick auf eine konkludente Rechtswahl der Geltung deutschen Erbrechts für ihr im Inland belegenes unbewegliches Vermögen.
Normenkette
EGBGB Art. 25 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Steinfurt (Beschluss vom 30.12.2013; Aktenzeichen 11 VI 461/13) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) vom 18.11.2013 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für die Zurückweisung des Erbscheinsantrags des Beteiligten zu 1) vom 18.11.2013 sind nicht zu erheben.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten findet nicht statt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 EUR festgesetzt.
Dem Beteiligten zu 3) wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L in H bewilligt.
Gründe
I. Die Erblasserin war verheiratet mit F, der am 19.7.2010 vorverstorben ist. Beide Ehegatten waren ausschließlich italienische Staatsangehörige und lebten seit Jahrzehnten bis zu ihrem Tod in Deutschland. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die aus der Ehe hervorgegangen Söhne. Die Beteiligten zu 4) und 5) sind die Kinder des Beteiligten zu 3).
Die Ehegatten errichteten zunächst drei notariell beurkundete gemeinschaftliche Testamente, in deren Eingang sie jeweils erklärten, ihre mit nachfolgender Urkunde zu regelnden Rechtsverhältnisse ausschließlich dem deutschen Recht unterstellen zu wollen. In notarieller Urkunde vom 20.9.1994 (UR-Nr. 304/1994 Notar G in H) setzten sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben und den Beteiligten zu 3) als Schlusserben des Letztversterbenden ein und beschwerten ihn mit Vermächtnissen zugunsten der Beteiligten zu 1) und 2). Sodann bestimmten sie am 28.11.1996 eine Ersatzerbfolge und regelten die Vermächtnisse im Detail neu (UR-Nr. 694/1996 Notar X in H). Schließlich hoben sie am 19.6.1998 die Schlusserbfolge auf, die sie dem Testat des überlebenden Ehegatten vorbehielten (UR-Nr. 309/1998 Notar X). Zu notarieller Urkunde vom 7.8.2007 schlossen die Ehegatten einen Erbvertrag (UR-Nr. 61/2007 Notarin O in H), in dessen § 1 zunächst vorsorglich alle früheren letztwilligen Verfügungen aufgehoben wurden, im Gegensatz zu jenen jedoch eine Rechtswahlerklärung nicht abgegeben wurde. Sachlich setzten die Ehegatten nunmehr unter Aufrechterhaltung der gegenseitigen Erbeinsetzung die Beteiligten zu 1) und 3) zu gleichen Teilen als Schlusserben mit der Maßgabe ein, dass eine Teilungsanordnung hinsichtlich des Grundbesitzes F-Straße 12 und 12a in H getroffen wird, die ergänzt wird durch eine den Beteiligten zu 2) begünstigende Auflage sowie die Ernennung des Beteiligten zu 3) zum Testamentsvollstrecker.
Der Beteiligte zu 3) hat das Amt des Testamentsvollstreckers angenommen, die ihm angefallene Erbschaft jedoch am 23.7.2013 ausgeschlagen. Am 9.9.2013 hat auch der Beteiligte zu 5) die Erbschaft ausgeschlagen.
Der Beteiligte zu 1) hat nach einem Hinweis des AG zur Niederschrift der Rechtspflegerin des AG die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der ihn sowie die Beteiligten zu 2) und 4) aufgrund gesetzlicher Erbfolge nach italienischem Recht zu je 1/3 Anteil als Erben ausweisen soll, und zwar unter Berücksichtigung der erfolgten Erbausschlagungen der Beteiligten zu 3) und 5). Diesem Antrag ist der Beteiligte zu 3) mit der Auffassung entgegen getreten, der Erbvertrag vom 7.8.2007 sei nach dem anzuwendenden deutschen Recht wirksam.
Das AG hat durch Beschluss vom 30.12.2013 die Tatsachen für festgestellt erachtet, die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 1) gestellten Antrags erforderlich sind.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 3), die er mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 30.1.2014 bei dem AG eingelegt hat und mit dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz verbindet.
II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3) ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft sowie gem. §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 3) folgt daraus, dass er für sich in Anspruch nimmt, durch den Erbvertrag vom 7.8.2007 als Testamentsvollstrecker berufen zu sein und diese Verfügungsbeschränkung in dem angefochtenen Feststellungsbeschluss nicht berücksichtigt worden ist.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet und führt zur Zurückweisung des Erbscheinsantrags des Beteiligten zu 1).
Die Erblasserin war ausschließlich italienische Staatsangehörige. Für die Beurteilung ihrer Erbfolge ist daher gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB italienisches Recht anwendbar, sofern es nicht im Rahmen des italienischen internationalen Privatrechts zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht kommt, die von dem deutschen Recht angenommen wird (Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB).
1) Nach Art. 46 Abs. 2 S. 1 ital. IPRG kann der Erblasser für die Rechtsnachfolge in sein gesamtes Vermögen durch in der Form eines...