Entscheidungsstichwort (Thema)
Adopiton durch genetische Mutter nach Leihmutterschaft
Leitsatz (amtlich)
Die genetische Mutter kann ihr fremdausgetragenes Kind bereits dann adoptieren, wenn die Adoption dem Kindeswohl dient. Die Inanspruchnahme einer Leihmutterschaft stellt keine gesetzes- oder sittenwidrige Vermittlung oder Verbringung dar, so dass spätere Adoptionen nicht dem strengeren Maßstab der Erforderlichkeit nach § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB unterliegen.
Zu den Voraussetzungen der Adoption eines von einer ukrainischen Leihmutter geborenen Kindes durch die genetische Mutter
Normenkette
BGB § 1741; ESchG § 1; GG Art. 6
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Annehmenden wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Stadt2 vom 09.04.2018 wie folgt abgeändert:
Der Anzunehmende AB Nachname1, geboren am XX.XX.2016, wird von der Annehmenden CD Nachname1, geborene E, geboren am XX.XX.196X, als Kind angenommen. Der Anzunehmende erlangt durch die Annahme die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Annehmenden und ihres Ehemannes FGH Nachname1 (Kindesvater).
II. Das Verfahren 1. und 2. Instanz ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.
III. Der Beschwerdewert wird auf 50.000,- festgesetzt.
Gründe
I. Die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. sind miteinander verheiratet. Die am XX.XX.196X geborene Annehmende (weiteren Bet. zu 1.) besitzt die deutsche und die ... Staatsangehörigkeit; der Ehemann der Annehmenden, der weitere Bet. zu 2., geb. am XX.XX.195X, besitzt die deutsche und die ... Staatsangehörigkeit.
Die weitere Bet. zu 1. und 2. sind die genetischen Eltern des am XX.XX.2016 geborenen Kindes A (Anzunehmender). Die weitere Beteiligte zu 3. ist die Frau, die das anzunehmende Kind geboren hat. Sie besitzt die ukrainische Staatsangehörigkeit und ist geschieden. Die Annehmende und der Vater des Anzunehmenden stellten in der Ukraine Kontakt zur weiteren Beteiligten zu 3. her und vereinbarten mit ihr, dass diese für die weiteren Beteiligten zu 1 und 2. ein Kind austragen solle. Der Kontakt zur weiteren Bet. zu 3. war über eine Leihmutterklinik in der Ukraine hergestellt worden. Die Schwangerschaft wurde im Wege der künstlichen Befruchtung unter Verwendung von Samenzellen des Vaters und Eizellen der Annehmenden herbeigeführt. Der Klinik zahlten die weiteren Bet. 1. und 2. 30.000,- EUR.
In die Geburtsurkunde des Standesamtes (...) vom XX.XX.2016 und in das ukrainische Geburtenregister sind die weiteren Bet. zu 1. und 2. als Eltern eingetragen, in der deutschen Geburtsurkunde des Standesamtes Stadt1 vom 12.01.2017 der weiteren Bet. zu 1. und die weiteren Bet. zu 3. Der weiteren Bet. zu 2. hat die Vaterschaft für A am XX.XX.2016 vor einem Konsularbeamten der Deutschen Botschaft in Kiew anerkannt und eine Sorgeerklärung abgegeben. Die weiteren Beteiligte zu 3. hat zugleich ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung abgegeben und der Sorgerechtsausübung durch den weiteren Bet. zu 1. am 05.12.2016 in Anwesenheit einer ukrainischen Privatnotarin zugestimmt.
Die weiteren Bet. zu 1. und 2. sind unmittelbar nach der Geburt von A am XX.XX.2016 nach Deutschland zurückgekehrt und leben seither mit A in Deutschland in häuslicher Gemeinschaft. Kontakt zur weiteren Bet. zu 3. hatte A nach der Geburt nicht. Dem Adoptionsantrag der weiteren Bet. zu 1. hat die weiteren Beteiligte zu 3. zugestimmt bzw. ihre Einwilligung zur Adoption erteilt; beides durch Erklärungen in Anwesenheit einer ukrainischen Privatnotarin am 05.12.2016 bzw. 27.04.2017; für sich, als Frau, die das Kind geboren hat und als gesetzliche Vertreterin des Kindes. Der Nachname des Kindes ist mit demjenigen der weiteren Beteiligten zu 1. und 2. identisch.
A besucht mittlerweile den Kindergarten. Er wird von den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. seit seiner Geburt versorgt und betreut; die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. haben ihre Berufstätigkeit der Kinderbetreuung angepasst. Es besteht ein loser Kontakt zur weiteren Beteiligten zu 3., um A die Möglichkeit zu erhalten, dass er zu einem späteren Zeitpunkt in der Zukunft Kontakt zu ihr aufnimmt.
Den Adoptionsantrag der weiteren Bet. zu 1. vom 08.02.2017 hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 09.04.2018 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die gesetzliche Regelung des § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB einschlägig sei, dies ergäbe sich insbesondere aus dem Gesetzeszweck und der Gesetzgebungsgeschichte. Die Adoption sei dann nur zulässig, wenn das Kindeswohl diese erfordere. Der Gesetzgeber habe mit § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB alle dem Kinderhandel vergleichbaren Praktiken rechtlich missbilligen wollen. Die Anwendung des § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Fälle der Leihmutterschaft verstoße auch mit Blick auf die Rechtsprechung des EGMR nicht gegen Art. 8 der EMRK . Erforderlich zur Wahrung des Kindeswohls sei die Adoption durch die Antragstellerin nicht, da sie zum einen nicht zu einer Änderung der tatsächlichen Lebenssituation führe und zudem andere M...