Leitsatz (amtlich)
Zur Eignung des Verurteilten für den offenen Vollzug.
Gründe
Das Landgericht Frankfurt am Main hatte gegen den Verurteilten am 21.1.2004 wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verhängt.
Mit ihrer Ladungsverfügung vom 3.1.2005 hatte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Frankfurt am Main die Ladung des Verurteilten in die JVA X zur Durchführung des Einweisungsverfahrens angeordnet.
Die gegen diese Ladung zum Strafantritt gerichtete Beschwerde wies die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht mit Bescheid vom 11.2.2005 zurück.
Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem der Verurteilte die direkte Ladung in den offenen Vollzug begehrt, ist gem. § 23 EGGVG zulässig, fristgerecht gestellt und auch begründet.
Nach § 10 StVollzG steht dem Verurteilten kein Rechtsanspruch auf Unterbringung in dem offenen Vollzug zu, sondern lediglich ein Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch. Dementsprechend ist bereits vor Strafbeginn durch die Vollzugsbehörde die Eignung des Verurteilten für den offenen Vollzug und das Fehlen einer Flucht- und Missbrauchsgefahr zu prüfen und auf der Grundlage dieser Entscheidung die Ladung durch die Vollstreckungsbehörde in den offenen oder geschlossenen Vollzug vorzunehmen.
Verneint die Vollzugsbehörde - wie hier - die Eignung für den offenen Vollzug und lädt deshalb die Vollstreckungsbehörde in den geschlossenen Vollzug, ist in dem Verfahren nach §§ 23 EGGVG die Entscheidung der Vollzugsbehörde mit zu überprüfen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Vollzugsbehörde bei der Prüfung der Eignung und der Prognoseentscheidung über Flucht- und Missbrauchsgefahr ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wurde und deshalb die Entscheidung nicht uneingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle unterliegt ( vgl. Senat, Beschluss vom 11.7.2001 - 3 VAs 18/01 m.w.N. ). Etwas anderes gilt nur in dem Falle, in dem der Beurteilungsspielraum oder das Ermessen auf Null reduziert sind, so dass nur noch eine Entscheidung in der Sache möglich ist ( vgl. Arloth/Lückemann, StVollzG, Rdnr. 3 ff zu § 115 ). So liegt der Fall aber hier.
Die von der Vollstreckungs- bzw. Vollzugsbehörde geäußerten Zweifel an der Eignung des Verurteilten für den offenen Vollzug sind nicht geeignet, die von ihr angenommene Missbrauchsgefahr, also hier die Befürchtung, der Verurteilte werde die Lockerungen des Vollzuges zu Straftaten missbrauchen, zu belegen.
Anhaltspunkte hierfür sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
Soweit die Vollzugsbehörde die Missbrauchsgefahr aus der zutage getretenen erheblichen kriminellen Energie des Verurteilten meint ableiten zu können, begründet sie diese lediglich allein aus der Tat selbst und der ihr vorangegangenen Planung und lässt bei der Bewertung die von ihr zugunsten des Verurteilten aufgeführten Umstände ( u.a. lange zurückliegende Tatzeit, keine Vorstrafen, seit Entlassung aus der ≪dreimonatigen Untersuchungshaft≫ sozial und beruflich integriert, strafrechtlich unauffällig, Ausgleich mit dem Opfer etc ) gänzlich außer Acht. Übersehen wird auch, dass die Tat zwar von seinen Mittätern mit großer Brutalität ausgeführt wurde, er selbst jedoch an der Misshandlung des Opfers nicht beteiligt und das angewandte Ausmaß von Gewalt auch nicht von der gemeinsamen Planung umfasst war.
Auch der Hinweis, dass nicht mit ausreichender Sicherheit feststehe, dass der Verurteilte keine Betäubungsmittel mehr konsumiere, und auch aus diesem Grunde eine Missbrauchsgefahr anzunehmen sei, geht ins Leere. Das erkennende Gericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass bei dem Verurteilten weder eine Abhängigkeit noch ein Missbrauch psychotroper Substanzen vorgelegen hat, dieser vielmehr hinsichtlich der von ihm konsumierten Drogen abstinenzfähig war, dass er seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft Kontakt zur Drogenberatung hatte und drei durchgeführte Drogenscreenings negativ waren. Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei dem Verurteilten "seine Drogenproblematik fortbesteht", zumal ein im Beschwerdeverfahren zu den Akten gereichtes neuerliches Drogenscreening ebenfalls negativ war.
Angesichts der geschilderten Umstände und des Umstandes, dass keine noch durch eine Beobachtung in der Einweisungsanstalt aufzuklärenden Zweifel bestehen, ist vorliegend nur noch eine Entscheidung in der Sache möglich, nämlich Ladung in den offenen Vollzug, so dass die Vollstreckungsbehörde hierzu zu verpflichten war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 30 I und II EGGVG, § 130 KostO, die des Gegenstandswertes aus § 30 III EGGVG, § 30 KostO.
Fundstellen
Haufe-Index 2573955 |
StV 2005, 564 |