Leitsatz (amtlich)

Dokumentationsmängel im Vergabeverfahren können dazu führen, dass das Verfahren wiederholt werden muss.

 

Normenkette

GWB §§ 97, 107; VOF § 18

 

Gründe

I. Wegen des Sach- und Streitstands wird auf den Senatsbeschluss vom 15.8.2006 (Az: 11 Verg 3/06) sowie die Schriftsätze der Antragstellerin und der Antragsgegnerin jeweils vom 31.10.2006 Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde hat mit dem zuletzt gestellten Hauptantrag Erfolg.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, soweit die Antragstellerin eine mangelhafte Dokumentation rügt. Beim derzeitigen Sach- und Streitstand ist nicht auszuschließen, dass der Antragstellerin durch die mangelhafte Dokumentation ein Schaden droht (§ 107 Abs. 2 GWB).

Die Antragstellerin ist mit der Rüge der unzulänglichen Dokumentation auch nicht gem. § 107 Abs. 3 GWB ausgeschlossen, denn die Antragsgegnerin hat ihr das Protokoll der Neubewertung vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nicht überlassen. Erst recht ist die Antragstellerin mit dieser Rüge, die sich auf die Neubewertung bezieht, nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie es unterlassen hat, etwaige Mängel der Niederschrift über die Präsentation zu rügen.

2. Die Antragstellerin rügt zu Recht, dass der Vergabevermerk (Neubewertung gem. Niederschrift des Gemeindevorstandes über die Sitzung vom 20.3.2006) gegen das Transparenzgebot verstößt. Das Ausschreibungsverfahren ist ab der Präsentation zu wiederholen, weil die Antragsgegnerin ihrer Dokumentationspflicht gem. § 18 VOF nicht genügt hat.

a) Gemäß § 18 VOF ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Mit der Verpflichtung für den Auftraggeber, über die Vergabe einen umfassenden Vermerk zu fertigen, soll das gesamte Vergabeverfahren transparent gestaltet werden. Die Bewerber und die Nachprüfungsinstanzen sollen in nachvollziehbarer Weise die tragenden Gründe einer Vergabeentscheidung nachvollziehen können (Müller-Wrede/Portz, VOF § 18 Rz. 4). Das bedeutet, dass das gesamte Verfahren im Vergabevermerk auch in Einzelheiten dokumentiert sein muss, was einen erheblichen Detaillierungsgrad des Vergabevermerks erfordert, weil dem Rechtsschutz der Bewerber erst durch die Nachprüfbarkeit der wesentlichen Entscheidungen des Auftraggebers, die im Vergabevermerk niedergelegt sind, genüge getan werden kann (Portz, a.a.O., Rz. 5).

Die Detailliertheit der Entscheidungsbegründung richtet sich nach dem konkreten Sachverhalt. Eine ausführlichere Begründung ist immer dann notwendig, wenn mehrere Gesichtspunkte, z.B. bei der Wertung im Rahmen der Auftragserteilung, gegeneinander abgewogen werden müssen (Portz, a.a.O., Rz. 11; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF § 18 Rz. 4 f.).

Kommt der öffentliche Auftraggeber seiner Dokumentationspflicht nicht oder nicht ordnungsgemäß nach, kann darauf mit Erfolg ein Vergabenachprüfungsantrag gestützt werden. Denn das in § 97 Abs. 7 GWB normierte Recht eines jeden Bieters auf Einhaltung der Vergabebestimmungen umfasst auch den Anspruch auf eine ordnungsgemäße Dokumentation. Dokumentationsmängel führen im Ergebnis dazu, dass das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend ist, fehlerbehaftet und in diesem Umfang zu wiederholen ist (OLG Düsseldorf, VergabeR 04, 513 m.w.N.).

Ein Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag allerdings nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben können. Wendet sich der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsbegehren beispielsweise gegen die Angebotswertung, kann er sich in diesem Zusammenhang auf eine fehlerbehaftete Dokumentation nur insoweit berufen, wie diese gerade auch in Bezug auf die Bewertung der Angebote unzureichend ist, das heißt die Angebotswertung anhand des Vergabevermerks nicht oder nicht hinreichend nachvollzogen werden kann.

b) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Antragstellerin beruft sich mit Erfolg auf eine ungenügende Dokumentation des zur Überprüfung stehenden Vergabeverfahrens. Die Neubewertung gem. Niederschrift des Gemeindevorstandes über die Sitzung vom 20. 03.2006 genügt den an einen ordnungsgemäßen, hinreichend detaillierten Vergabevermerk zu stellenden Anforderungen entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht.

In der Niederschrift der Neubewertung heißt es zum Angebot der Beigeladenen:

"Die bei der Vergabestelle vorliegenden Unterlagen wurden analysiert. Das Angebot entspricht inhaltlich den Vorgaben der Leistungsbeschreibung. In der Angebotspräsentation hat der Bieter sehr anschaulich am Beispiel der Gemeinde O1 die Vorgehensweise zur wirtschaftlichen und termingerechten Projektabwicklung erläutert."

Der anlässlich der Neubewertung erstellte Vermerk ist im Hinblick auf das Wertungskriterium K 1 nichts sagend. Er beschränkt sich auf die bloße Wiedergabe des Ergebnisses einer subjektiven Bew...

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