Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.11.2020; Aktenzeichen I ZB 115/19)

 

Tenor

Der Antrag auf Aufhebung des in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Vorsitzenden A und den Schiedsrichtern B und C, am 27. August 2018 erlassenen Schiedsspruchs (...) in der Fassung der Berichtigung vom 17. September 2018 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 11.277.241,20 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung eines am 27.08.2018 ergangenen Schiedsspruchs, mit dem eine von ihr gegen die Antragsgegnerin erhobene Schiedsklage abgewiesen worden ist.

Die D GmbH erwarb als Rechtsvorgängerin der Antragstellerin von der Antragsgegnerin als Alleingesellschafterin der E durch Kaufvertrag vom 17.10.2013 sämtliche Anteile an den Gesellschaften der E. Der Übergang der Gesellschaftsanteile auf die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin erfolgte am 02.12.2013 als "Vollzugstag" des Kaufvertrages. Zu den durch den Kaufvertrag veräußerten Gesellschaften gehörte die E LLC mit Sitz in Massachusetts/USA, die als Zulieferer für die Möbelindustrie veredelte Möbeloberflächen herstellte und dazu bei der Imprägnierung von Papier flüssige Harze einsetzte. Die in den Harzen enthaltenen Schadstoffe (Formaldehyd, Methanol) gelangten bei dem Produktionsprozess in die Abluft. Die E LLC verfügte zum Zeitpunkt des Abschlusses und am Vollzugstag des Kaufvertrages für ihre Produktionsstätte in Stadt1, Massachusetts, über eine von der zuständigen Umweltbehörde des Staates Massachusetts (im Folgenden: DEP) erteilte Abluftgenehmigung aus dem Jahr 2006.

Der abgeschlossene Unternehmenskaufvertrag enthielt in § 7 verschiedene Verkäufergarantien, die sich insbesondere auf eine Übereinstimmung des Betriebes mit Erlaubnissen und Genehmigungen und die Einhaltung von Rechtsvorschriften sowie schädliche Umweltbelastungen bezogen.

§ 17.5 des Kaufvertrages enthielt eine Schiedsvereinbarung, nach der alle Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, - soweit gesetzlich zulässig - nach der SchO der deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in ihrer jeweils gültigen Fassung unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden werden sollten. Darüber hinaus bestimmte die Schiedsvereinbarung Frankfurt am Main zum Ort des Schiedsverfahrens.

Mit Schreiben vom 24.03.2015 machte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin Ansprüche wegen angeblicher Verstöße gegen die umweltrechtlichen Garantien des Kaufvertrages im Zusammenhang mit der emissionsrechtlichen Situation in Stadt1 geltend. Es kam anschließend zu Vergleichsverhandlungen der Parteien, die erfolglos blieben. Die Antragstellerin erhob daraufhin am 27.10.2015 Schiedsklage gegen die Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin machte mit ihrer Schiedsklage gegen die Antragsgegnerin Ansprüche wegen einer Verletzung der in dem Kaufvertrag enthaltenen Umweltgarantien geltend und berief sich insbesondere darauf, dass in der umweltrechtlichen Genehmigung aus dem Jahr 2006 vorgegebene emission rates (Emissionsraten), emission factors (Emissionsfaktoren) und emission limits (Emissionsgrenzen) überschritten worden seien und außerdem eine Überschreitung der ambiant air limits (im Folgenden: AAL) und der threshold effect exposure limits (im Folgenden: TEL) vorgelegen habe.

Die Antragstellerin beanspruchte mit ihrer Schiedsklage im Wesentlichen Ersatz der Kosten der Errichtung einer Abluftbehandlungsanlage sowie die Feststellung einer die Tragung der künftigen laufenden Betriebskosten der Anlage betreffenden Ersatzpflicht der Antragsgegnerin. Daneben machte die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin neben Verfahrens- und Beraterkosten einen Anspruch auf Ersatz eines Bußgeldes geltend, das von der Umweltbehörde des Staates Massachusetts nach vorangegangener Korrespondenz mit den anwaltlichen Vertretern der E LLC am 06.12.2016 erlassen worden war.

Die Antragsgegnerin verteidigte sich in dem Schiedsverfahren gegenüber der von der Antragstellerin geltend gemachten Überschreitung der emission rates und emission factors u.a. damit, dass es sich bei diesen nicht um verbindliche und durchsetzbare Bestandteile der Genehmigung aus dem Jahr 2006 handele und die von der Antragstellerin als überschritten gerügten AAL und TEL als bloße "Richtlinien" nicht verbindlich seien. Hinsichtlich der Überschreitung der - unstreitig verbindlichen - emission limits hielt die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin vorgelegte Berechnung eines in Massachusetts zugelassenen professional engineers für ungeeignet, um eine Überschreitung der emission limits am Vollzugstag zu belegen.

Die Parteien legten im Schiedsverfahren zu den das US-amerikanische Umweltrecht des Bundesstaates Massachusetts und die dortige Behördenpraxis des DEP betreffenden Rechtsfragen sowie zu den naturwissenschaftlich-technischen Fragen einer rückwirk...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge