Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung des Unterlassungsgebots durch Veröffentlichung des Gesamtbildes statt bisherigem Bildausschnitt
Leitsatz (amtlich)
Das Unterlassungsgebot hinsichtlich einer Bildberichterstattung ist auch verletzt, wenn in der Folgeberichterstattung das gesamte Foto (Totale) veröffentlich wird, von welchem in der ursprünglichen Bildberichterstattung, die Gegenstand des Unterlassungsgebots war, lediglich ein Teilausschnitt gezeigt wurde.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2; ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.11.2018; Aktenzeichen 2-3 O 292/17) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9.11.2018 - Az. 2-03 0 292/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 50.000,- festgesetzt.
Gründe
Die gemäß §§ 793 Abs. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist nicht begründet.
Die Schuldnerin hat mit der Veröffentlichung des Bildnisses Nr. 3 in der Folgeberichterstattung gegen die einstweilige Verfügung vom 8.8.2017, bestätigt durch Urteil vom 14.12.2017, verstoßen.
1. Ob ein Schuldner gegen ein gerichtliches Unterlassungsgebot verstoßen hat, bestimmt sich nach dem Inhalt des Verbotstenors. Gegenstand der einstweiligen Verfügung vom 8.8.2017 ist (ausschließlich) das Verbot, die Gläubigerin im Zusammenhang mit der Suche nach den G20-Verbrechern durch Bekanntgabe ihres nachfolgend wiedergegebenen Bildnisses erkennbar zu machen und/oder machen zu lassen,
(Von der Darstellung wird abgesehen - die Red.)
a. Die von der Gläubigerin zum Gegenstand ihres Bestrafungsantrags gemachte Bildberichterstattung der Schuldnerin vom 12.1.2018 "A zeigt die Fotos trotzdem - Gericht verbietet Bilder von G20-Plünderin" (vgl. Anlage G 3) ist in Bezug auf das dort abgedruckte Bildnis Nr. 3 von dem Verbotsumfang umfasst. Deshalb ist das von dem Landgericht festgesetzte Ordnungsgeld verwirkt.
b. Zu Recht rügt die Berufung allerdings, dass das in der Folgeberichterstattung verwendete Bild Nr. 2, in dessen Veröffentlichung das Landgericht einen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot in der Beschlussverfügung vom 8.8.2017 gesehen hat, nicht mit den Fotos übereinstimmt, die im Ausgangsbericht abgedruckt sind, und das Landgericht die streitgegenständliche Bildberichterstattung an den Kriterien der sog. "Kerntheorie" misst.
aa. Wie das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich festgestellt hat, sind die in der Folgeberichterstattung verwendeten Bildnisse Nr. 1, 2 und 4 nicht mit den beiden Bildnissen des Artikels identisch, auf die sich das Unterlassungsgebot der Beschlussverfügung bezieht.
bb. Das Landgericht wirft der Schuldnerin vielmehr einen Verstoß gegen den "Kern" der einstweiligen Verfügung dadurch vor, dass die in dem nunmehr streitgegenständlichen Beitrag (Anm.: gemeint ist offensichtlich die in dem Ausgangsbeitrag) enthaltenen Mitteilungen sinngemäß ganz oder teilweise Gegenstand der erneuten Berichterstattung gewesen und mit einem Bildnis erfolgt seien, das in seinem wesentlichen Kern, also seiner Aussage und dem Kontext des vorausgegangenen Bildnisses mit dem dem Verbot zugrundeliegenden Bildnis identisch sei.
Zu Recht rügt die Beschwerde, dass diese Rechtsauffassung nicht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden hat, lassen sich die im Wettbewerbsrecht zur sog. "Kerntheorie" entwickelten Grundsätze, wonach die Rechtskraftwirkung solche Abweichungen ergreift, die den Kern der Verletzungsform unberührt lassen, auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen [vgl. Urt. V. 13.11.2007 - VI ZR 265/06 und IV ZR 269/06 Rn. 11; Uri. V. 1.7.2008 - VI ZR 243/06 - Rn. 7; Urt. V. 6.10.2009 - VI ZR 314/08 und IV ZR 315/08 - Rn. 7]. Demnach ist der Verbotsumfang auf die im Beschluss bzw. Urteil beschriebene sog. Konkrete Verletzungsform begrenzt; nicht umfasst sind über die konkrete Verletzungsform hinaus ähnliche oder im Kern gleichartige Bilder der Gläubigerin.
(1) Dass das Bild Nr. 2 in der Folgeberichterstattung vom 12.1.2017 nach Auffassung des Landgerichts einen "kerngleichen" Verstoß zu dem Bildnis in der ursprünglichen Berichterstattung vom 10.7.2018 darstellen mag, weil dieses aus derselben Fotoserie von dem entsprechenden Ereignis - (...) im Rahmen der Krawalle anlässlich des G20-Gipfels Anfang Juli 2017 in Hamburg stammt und damit bei lebensnaher Betrachtung nicht mit einer nennenswerten inhaltlichen Veränderung des ursprünglichen Bildnisses verbunden sei, ist rechtlich ohne Relevanz.
(2) Nichts anderes folgt aus den von dem Landgericht in Bezug genommenen Ausführungen in der Entscheidung des BGH [Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 232/08 - Rn. 11]. VVie die Beschwerde zutreffend ausführt, gelten diese nur für den Fall, dass das beanstandete, also da...