Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kostenentscheidung bei Rücknahme eines Antrags auf Zuständigkeitsbestimmung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zurückgewiesen oder zurückgenommen, ist jedenfalls dann keine Kostenentscheidung veranlasst, wenn das Hauptsacheverfahren bereits rechtshängig ist und die Antragsgegner im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren durch dieselben Anwälte vertreten werden.
Normenkette
RVG § 19; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Tenor
Der Antrag des Beklagten zu 3), dem Kläger die Kosten des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Bei der Zurücknahme des Antrags auf Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist nach Auffassung des Senats keine Kostenentscheidung veranlasst, weil durch das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren weder Gerichts- noch Anwaltsgebühren angefallen sind.
Das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren gehört nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG kostenrechtlich zu dem Hauptsacheverfahren, so dass es grundsätzlich durch die für das Hauptsacheverfahren anfallenden Gebühren abgegolten wird.
Zwar hat der BGH unter der Geltung der Vorläufervorschrift des § 37 BRAGO entschieden, dass bei einer Rücknahme des Antrags auf Bestimmung des zuständigen Gerichts in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO bzw. bei einer Ablehnung des Antrags gem. § 91 ZPO über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden sei (BGH NJW-RR 1987, 757; ihm folgend etwa BayObLG NJW 2002, 2888).
Allerdings war in § 37 BRAGO nur bestimmt, dass u.a. "die Bestimmung des zuständigen Gerichts" zum Rechtszug gehöre, während § 19 Abs. 1 Satz 1 RVG ausdrücklich Bezug nimmt auf mit dem Rechtszug zusammenhängende "Verfahren" - darunter u.a. gemäß S. 2 Nr. 3 die Bestimmung des zuständigen Gerichts. Damit besteht keine Veranlassung mehr, im Rahmen des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens kostenrechtlich danach zu differenzieren, ob dieses "Verfahren" mit einer Bestimmung des zuständigen Gerichts, mit einer Ablehnung der Bestimmung oder mit einer Antragsrücknahme endet (vgl. Bischof in Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curcovic/Mathias/Uher, RVG, 3. Aufl. 2009, § 19 Rz. 37a). Es erscheint nicht sachgerecht, einen anwaltlichen Vergütungsanspruch davon abhängig zu machen, ob ein (selbst oder von der Gegenseite gestellter) Antrag Erfolg hat oder nicht.
Dementsprechend geht die mittlerweile herrschende Rechtsprechung und Lehre davon aus, dass auch ein durch Rücknahme oder Antragszurückweisung endendes Zuständigkeitsbestimmungsverfahren jedenfalls dann keinen anwaltlichen Gebührenanspruch auslöst, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Hauptsacheverfahren bereits rechtshängig ist und die Antragsgegner im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren durch dieselben Anwälte vertreten werden wie im Hauptsacheverfahren (OLG München, Beschluss vom 13.6.2007, 31 AR 79/07 - in ausdrücklicher Abkehr von der anderslautenden Rechtsprechung des früher für die Bestimmungsverfahren zuständigen BayObLG sowie Beschl. v. 21.9.2007 - 11 W 2271/07; OLG Dresden, Beschluss vom 14.7.2005, 1 AR 120/04; OLG Köln, Beschl. v. 21.12.2007 - 8 W 23/07; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 ZPO Rz. 13 "Bestimmung des zuständigen Gerichts"; Mock in: Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 5. Aufl. 2010, § 19 Rz. 49; Ebert in: Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl. 2009, § 19 Rz. 45; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, § 19 Rz. 41. Bei der im Antrag für die Gegenauffassung zitierten Entscheidung des OLG Koblenz vom 28.3.2006, 4 SmA 48/05 stand zum Zeitpunkt der Kostenentscheidung noch nicht fest, ob überhaupt ein Hauptsacheverfahren durchgeführt wird; ebenso wohl bei der Entscheidung des 5. Zivilsenates des OLG Köln vom 13.3.2007 - 5 W 87/06. A. A.: OLG Celle, Beschl. v. 23.1.2009 - 2 W 2/09)
Ob dies anders zu beurteilen ist, wenn das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren vor Einleitung eines Hauptsacheverfahrens durchgeführt wird und/oder der Bevollmächtigte des Bestimmungsverfahrens nicht identisch ist mit demjenigen des Hauptsacheverfahrens, ist vorliegend nicht zu entscheiden.
Zwar ist eine Kostengrundentscheidung regelmäßig unabhängig davon zu treffen, ob im Einzelfall Kosten anfallen oder nicht. Steht jedoch - wie hier - fest, dass keinerlei Kosten geltend gemacht werden können, so fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine derart ins Leere laufende Entscheidung (vgl. OLG München, Beschluss vom 13.6.2007, 31 AR 79/07). Soweit der früher für Zuständigkeitsbestimmungsverfahren zuständige 21. Zivilsenat auch in Fällen wie dem vorliegenden eine Kostenentscheidung getroffen hat, hält der nunmehr zuständige 11. Zivilsenat an dieser Rechtsprechung nicht fest.
Fundstellen