Entscheidungsstichwort (Thema)
Squeeze-out: Berechnung der angemessenen Barabfindung, Marktrisikoprämie, Barwert der Ausgleichszahlung bei bestehendem Beherrschungsvertrag
Normenkette
AktG § 327a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3/8 O 294/02) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 3) und 8) sowie die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin zu 2) werden zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters trägt die Antragsgegnerin zu 2). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller waren Minderheitsaktionäre der Antragsgegnerin zu 1), einer Holdinggesellschaft, deren beide Tochtergesellschaften Reifen für Pkw und Motorräder produzierten. Hauptaktionärin der Antragsgegnerin zu 1) war die Antragsgegnerin zu 2), die mit einem Anteil von 99,08 % an dem Grundkapital in einem Nennbetrag von 26,1 Mio. EUR beteiligt war. Zwischen der Antragsgegnerin zu 1) und der X S. p. A. bestand ein isolierter Beherrschungsvertrag, der durch eine Änderungsvereinbarung vom 23.12.1993 von der X S. p. A. auf die Antragsgegnerin zu 2) als herrschendem Unternehmen übertragen wurde. In diesem Vertrag war als Garantiedividende eine feste Ausgleichszahlung i.H.v. 12 % des Aktiennennbetrages vorgesehen.
Die Antragsgegnerin zu 2) beabsichtigte die Durchführung eines Squeeze-out - Verfahrens gem. §§ 327a ff. AktG und beauftragte zu diesem Zweck die A GmbH mit der Ermittlung des Unternehmenswertes der Antragsgegnerin zu 1). Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelte bezogen auf den 22.11.2002 einen Ertragswert von gerundet 195,6 Mio. EUR, wobei auf die Ausführungen im Übertragungsbericht Bezug genommen wird. Unter Berücksichtigung einer damaligen Stückzahl von 1.020.000 Aktien errechnete die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen anteiligen Unternehmenswert von 191,80 EUR je Aktie. Demgegenüber belief sich der umsatzgewichtete Durchschnittskurs drei Monate vor Bekanntgabe der geplanten Maßnahme am 11.9.2002 auf 202,51 EUR. In der Folge war eine Barabfindung von 205 EUR je Stückaktie vorgesehen.
Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 2) bestellte das LG die B OHG zur sachverständigen Prüferin gem. § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG, die in ihrem Prüfbericht, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die vorgesehene Abfindung für angemessen erachtete.
Infolgedessen beschloss am 12.11.2002 die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die Antragsgegnerin zu 2) gegen Gewährung einer Barabfindung i.H.v. 205 EUR je Aktie. Betroffen von dem Übertragungsbeschluss waren 9.350 sich im Streubesitz befindliche Stückaktien. Der Übertragungsbeschluss wurde am 18.12.2002 im Handelsregister der Antragsgegnerin zu 1) eingetragen. Die Bekanntmachung der Eintragung im Bundesanzeiger erfolgte am 24.12.2002.
Mit erstmals am 30.12.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen haben die Antragsteller die Überprüfung der gewährten Abfindung auf ihre Angemessenheit im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nach § 327f AktG i.V.m. § 306 AktG jeweils in der bis zum 30.8.2003 und damit hier gemäß 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG anwendbaren Fassung (im Folgenden a.F.) beantragt. Das angerufene LG hat Beweis erhoben über einzelne, von den Antragstellern aufgeworfene Fragen zum Unternehmenswert. Auf die Ausführungen des Sachverständigen im schriftlichen Sachverständigengutachten vom 4.11.2008 wird Bezug genommen. Sodann hat das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im angegriffenen Beschluss die auf Erhöhung der Abfindung gerichteten Anträge zurückgewiesen und sich zur Begründung vornehmlich auf die Ausführungen des Sachverständigen gestützt. Dabei hat es mit dem Sachverständigen den am Bewertungsstichtag noch nicht gültigen Standard IDW S1 2005 bzw. IDW S1 2008 zur Anwendung gebracht und hierbei einen Basiszins vor Steuern von 5,5 %, einen Risikozuschlag ermittelt anhand des Tax - CAPM in einer Höhe zwischen 3,72 % und 3,87 % nach Steuern sowie einen Wachstumsabschlag von 1 % zugrunde gelegt. Des Weiteren hat es der Antragsgegnerin zu 2) die außergerichtlichen Kosten der Antragssteller auferlegt.
Gegen die Entscheidung haben die Antragsteller zu 3) (Bl. 541) und zu 8) (Bl. 536) sofortige Beschwerde eingelegt. Ferner hat sich die Antragsgegnerin zu 2) der sofortigen Beschwerde des Antragstellers zu 8) im Kostenpunkt angeschlossen.
Zur Begründung ihres Rechtsmittels wenden sich die Antragsteller vornehmlich gegen die Höhe des Kapitalisierungszinssatzes. Den Basiszins habe das LG ebenso zu hoch angesetzt wie die Marktrisikoprämie. Auch der Betafaktor sei unzutreffend ermittelt worden, weil bei dem sog. Relevern - d.h. der Anpassung des Betas einer unverschuldeten Gesellschaft an die Kapitalstruktur des zu bewertenden Unternehmens- von einem zu hohen Unternehmenswert der Antrags...