Leitsatz (amtlich)

1. Eine Aktiengesellschaft kann verpflichtet sein, einem Aktionär in der Hauptversammlung auf Frage Auskunft über die Gesamtvergütung der Mitglieder eines Gremiums zu erteilen, das innerhalb einer Umstrukturierung der Führungsebene neu geschaffen wurde und dem eine herausragende, exponierte Stellung zukommt.

2. Eine Auskunft über die Höhe der Vergütung einzelner Mitglieder dieses Gremiums, die nicht dem Vorstand angehören, darf der Vorstand zur Vermeidung des Nachteils der Abwerbung solcher Mitarbeiter verweigern.

 

Normenkette

AktG §§ 131-132

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.01.2005; Aktenzeichen 3/5 O 86/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Beschwerdewert: 5.000 EUR.

 

Gründe

Im Anschluss an die ordentliche Hauptversammlung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller als Aktionär bei dem LG nach Rücknahme und Erledigterklärung weiterer Fragen zuletzt noch Antrag auf Auskunftserteilung gem. § 132 AktG zu folgender in der Hauptversammlung der Antragsgegnerin vom 2.6.2004 nicht beantworteter Frage gestellt:

Welches die geldwerten Leistungen für jedes einzelne (also getrennte Auflistung) Mitglied des ... Committee (im folgenden: GEC) im Geschäftsjahr 2003 waren (Grundgehalt, Prämien, Tantiemen, Werte von Optionen pp.)?

Mit Beschluss vom 18.1.2005 (Bl. 163-175 d.A.), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das LG diesen Antrag als unbegründet zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, angesichts der derzeitigen gesetzlichen Regelung der §§ 285 Nr. 9 und 286 Abs. 4 HGB, wonach sogar für den Vorstand der Gesellschaft Einzelangaben zur Vergütung nicht zu veröffentlichen seien, müsse auch im Rahmen des Verfahrens nach § 132 AktG dem Interesse des Einzelnen, seine Einkommensverhältnisse nicht offenbart zu sehen, der Vorrang vor dem Interesse des einzelnen Aktionärs eingeräumt werden.

Gegen die Entscheidung des LG wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, mit der er im wesentlichen geltend macht, ein Auskunftsverweigerungsrecht aus Gründen des Datenschutzes, auf welches sich die Antragsgegnerin in der Hauptversammlung zunächst nicht berufen habe, könne weder aus den hier nicht anwendbaren Vorschriften über die Veröffentlichung der Bezüge der Organmitglieder noch aus den Bestimmungen des BDSG hergeleitet werden; jedenfalls überwiege das durch Art. 14 GG geschützte Informationsinteresse der Aktionäre. Durch die Erteilung der Auskunft über die Einzelvergütungen werde die wahre Bedeutung und Struktur des GEC, das die Geschäfte mit dem Vorstand führe, offenbart.

Die Antragsgegnerin tritt der sofortigen Beschwerde entgegen. Sie ist der Auffassung, die Auskunft über die Einzelvergütung der GEC-Mitglieder sei für die Aktionäre zur Beurteilung der Tagesordnung nicht erforderlich, für die Gesellschaft jedoch wegen der erhöhten Gefahr der Abwerbung und der Unzulässigkeit der Offenlegung im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen erheblich nachteilig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde ist kraft Zulassung im landgerichtlichen Beschluss nach § 132 Abs. 3 Satz 2 AktG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insb. form- und fristgerecht erhoben. Das Rechtsmittel führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg, da ein Anspruch des Antragstellers auf Auskunft über die Einzelbezüge der GEC-Mitglieder nicht besteht.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist. Durch die Gewährung des Auskunftsrechtes soll es dem Aktionär ermöglicht werden, von seinem Stimmrecht und den sonstigen Mitgliedschaftsrechten einen sinnvollen Gebrauch zu machen. Er soll hierdurch in die Lage versetzt werden, die Gegenstände der Tagesordnung beurteilen zu können. Dazu sind ihm diejenigen konkreten Informationen zu erteilen, die er zur sachgerechten Ausübung seines Rechts auf Teilnahme an der Hauptversammlung benötigt. Nach seiner Zweckbestimmung ist das Auskunftsrecht auf solche Auskünfte beschränkt, die zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstandes der Tagesordnung der Hauptversammlung erforderlich sind. Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung ist hierfür ein objektiver Maßstab geboten. Allgemein wird eine Auskunft für erforderlich gehalten, wenn sie aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittsaktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt, ein wesentliches Element für seine Urteilsfindung bildet und deshalb von ihm benötigt wird (vgl. BayObLG v. 9.9.19...

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