Leitsatz (amtlich)

Sollen der Reiseveranstalter und das die Beförderung durchführende Flugunternehmen als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen verspäteten Rückflugs in Anspruch genommen werden, besteht ein gemeinsamer Gerichtsstand des Erfüllungsortes am Abflugsort. Die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist deshalb weder zulässig noch erforderlich.

 

Normenkette

BGB § 269; ZPO §§ 29, 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Bad Homburg (Aktenzeichen 2 C 1278/12 (23))

 

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen Verspätung eines von der Beklagten zu 2) durchgeführten Rückfluges im Oktober 2011 von ... nach Frankfurt/M. in Anspruch. Die Beklagte zu 1) ist das Reiseveranstaltungsunternehmen, über welches die Klägerin die Pauschalreise gebucht hatte.

Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf §§ 651d, c BGB i.V.m. Art. 7 der Verordnung EG Nr. 261/2004. Sie beantragt die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

Die Beklagten haben sich zu dem Antrag nicht geäußert.

II. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.

Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt auf Antrag eine Gerichtsstandsbestimmung, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben (§§ 12, 17 ZPO), als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.

Für die Prüfung der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist vom Vortrag des Klägers auszugehen. Eine Prüfung der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage findet im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung nicht statt (Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 36 ZPO Rz. 18).

Vorliegend ist auf Basis des Vortrags der Klägerin vom Bestehen eines gemeinsamen besonderen Gerichtsstands auszugehen. Ist aber ein gemeinsamer Gerichtsstand zuverlässig feststellbar, kann eine Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht erfolgen (vgl. Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 36 Rz. 15).

Vorliegend besteht ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand i.S.d. § 29 ZPO im Bezirk des AG Frankfurt/M. Mangels eigenständiger Gerichtsstandsregelung im Rahmen der Verordnung EG 2004/216 ist auf Basis der nationalen Bestimmungen der Erfüllungsort für die Erbringung von Beförderungsleistungen zu ermitteln. Demnach liegt der Erfüllungsort i.S.d.§ 269 Abs. 1 BGB für die von der Beklagten zu 2) geschuldete Hin- und Rückbeförderung des Klägers zwischen Frankfurt/M. und ... jedenfalls auch am Abflugsort, d.h. dem Flughafen Frankfurt/M. (vgl. BGH NJW 2008, 2121, 2122; AG Lichtenberg NJOZ 2007, 3516, 3517). Dort war die Maschine nebst Personal rechtzeitig bereit zu stellen. Für die Beklagte zu 1) als Reiseveranstaltungsunternehmen lag der Erfüllungsort hinsichtlich der in den Pauschalreisevertrag integrierten Flugreise ebenfalls - jedenfalls auch - am Abflugsort, d.h. im Bezirk des AG Frankfurt/M. (vgl. Musielak/Heinrich, 9. Aufl., ZPO, § 29 Rz. 32 "Reiseverträge"; Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 29 Rz. 25 "Reisevertrag").

Der Erfüllungsort für die hier geltend gemachten Sekundäransprüche in Form der Reisepreisminderung bestimmt sich nach dem Erfüllungsort der behaupteten Primärleistungsverpflichtung. Damit ist ebenfalls das AG Frankfurt/M. für die streitgegenständlichen Ansprüche zuständig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3537206

NJW 2012, 8

NJW-RR 2013, 59

MDR 2013, 171

RRa 2013, 202

RRa 2013, 54

PAK 2013, 41

SRTour 2013, 5

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