Normenkette
FamFG § 200 Abs. 1 Nr. 2, § 266 Abs. 1 Nr. 3; FamGKG §§ 35, 42 Abs. 1, § 51
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Beschluss vom 12.04.2021; Aktenzeichen 51 F 1649/18) |
Tenor
Der Verkündungstermin vom 07.10.2021 wird aufgehoben.
Die Rücknahme der gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 12.04.2021 eingelegten Beschwerde hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§§ 117 Abs. 2 FamFG, 516 Abs. 3 ZPO).
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.480 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Gebührenwert für das Beschwerdeverfahren war gemäß § 40, 42 Abs. 1 FamGKG auf 2.480 EUR festzusetzen.
Es ist in der Rechtsprechung streitig, wie in einem nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG geführten Verfahren auf Zahlung einer Entschädigung für die Nutzung einer im gemeinsamen Eigentum stehenden Wohnung für die Zeit nach der Ehescheidung der Verfahrenswert festzusetzen ist. § 48 FamGKG kann jedenfalls keine Anwendung finden, weil es sich unzweifelhaft um keine Ehewohnungssache iSd § 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG handelt.
Wird ausschließlich Nutzungsentgelt für einen abgeschlossenen Zeitraum geltend gemacht, ist unzweifelhaft § 35 FamGKG anzuwenden und die (gesamte) Höhe der Forderung für die Wertfindung maßgeblich (OLG Hamm AGS 2016, 336; N. Schneider AGS 2018, 437, 440).
Wird (auch) zukünftiges Nutzungsentgelt beansprucht, so wird vertreten, dass in entsprechender Anwendung von §§ 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag abgestellt werden solle (OLG Brandenburg BeckRS 2020,13769; OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2013,1140; AGS 2013, 341; OLG Hamm FamRZ 2008, 1208; Thiel AGS 2011,197).
Eine weitere Ansicht geht davon aus, dass letztlich kein einleuchtender Grund für eine abw. Beurteilung der Verfahrenswerte für Nutzungsentschädigungsansprüche für die Zeit vor der Ehescheidung (§ 1361b Abs. 3 S. 2 BGB) und solchen für die Zeit danach bestehe. Es sei daher eine analoge Anwendung von § 48 Abs. 1 FamGKG auch für die Bewertung von Nutzungsentschädigungsansprüchen für die Zeit nach der Ehescheidung zu befürworten (OLG Hamm NJW-Spezial 2013, 285; in diese Richtung tendierend auch Kohlenberg FuR 2015, 701, 704).
Bereits vor Inkrafttreten des FamGKG wurde vertreten, dass ab Rechtshängigkeit fälliger Beträge entsprechend § 41 GKG auf den zwölffachen Monatsbetrag der Forderung abzustellen sei (so zum alten Recht OLG Köln FamRZ 2001, 239). Dem folgend wird heute wohl überwiegend angenommen, § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG analog zur Bestimmung des Werts einer künftigen Nutzungsentschädigung heranzuziehen (OLG Braunschweig FamRZ 2017, 1767 unter Beschränkung auf den Jahresbetrag; OLG Naumburg FamRZ 2015, 953; BeckOK Streitwert/Dürbeck, Ehewohnungssachen Rn. 5e; Klüsener JurBüro 2016, 57, 58).
Der Senat folgt im Ergebnis der zuletzt genannten Ansicht. § 9 ZPO kann über § 48 Abs. 1 GKG schon deshalb keine Anwendung finden, weil mit § 42 FamGKG in Familiensachen eine Auffangvorschrift vorhanden ist, die Analogien entbehrlich macht. Für eine kostenrechtliche Privilegierung durch eine entsprechende Anwendung von § 48 Abs. 1 FamGKG spricht, dass der gesetzgeberische Zweck, aus sozialpolitischen Gründen Verfahren um die Ehewohnung im Vorfeld bzw. im Rahmen einer Ehescheidung kostenmäßig zu privilegieren bei einer Auseinandersetzung bereits geschiedener Ehegatten um die Nutzung einer im gemeinsamen Eigentum stehenden Immobilie nicht greift. Wegen der Ähnlichkeit zu Unterhaltsverfahren, die ebenfalls eine monatliche Zahlung eines Betrages zum Gegenstand haben, ist der Wert nach Ansicht des Senats gemäß § 42 Abs. 1 FamGKG unter Heranziehung des Rechtsgedankens von § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG zu bestimmen und auch zu begrenzen und setzt sich aus den bei Rechtshängigkeit bereits fälligen Beträgen zuzüglich der danach verlangten Zahlungen unter Begrenzung auf 12 Monatsraten zusammen.
Da bereits ein Titel bei der Einleitung des Verfahrens vorlag und lediglich die Abänderung des Titels beansprucht wurde, sind zwei Monate rückständige Nutzungsentschädigung (880-720 = 160 mal 2) in Höhe von 360 EUR und zwölf monatliche Zahlungen der zuletzt verlangten Entschädigung (900-720 EUR) zu berücksichtigen, was zu einem Beschwerdewert in obiger Höhe führt.
Fundstellen
JurBüro 2022, 41 |
NZFam 2021, 985 |