Leitsatz (amtlich)
Hat ein Erblasser nach Abschluss eines Erbvertrages ein privatschriftliches Testament errichtet, das nicht offenbar ungültig, widerrufen oder für die Erbfolge ohne Bedeutung ist, kann das Grundbuchamt für den Nachweis der Erbfolge einen Erbschein verlangen.
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 29.04.2004; Aktenzeichen 26 T 139/03) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Die im Grundbuch als Grundstückeigentümerin des eingangs aufgeführten Grundbesitzes eingetragene Ehefrau des Antragstellers (im weiteren: die Erblasserin), die mit dem Antragsteller in zweiter Ehe verheiratet war, ist am ... 8.2001 verstorben. Sie und der Antragsteller hatten sich durch notariellen Erbvertrag v. 9.11.1998 (UR-Nr. .../1998 des Notars N1 N2, O2) gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt, wobei der Antragsteller nur befreiter Vorerbe und Nacherben die Abkömmlinge der Erblasserin sein sollten. Der Erbvertrag enthält weiter die Klausel, dass die Erblasserin dieses Testament einseitig ändern, insb. Vermächtnisse errichten kann, die der Erbe erfüllen muss. In einer mit "Vermächtnis" überschriebenen und als Ergänzung zu dem Erbvertrag v. 9.11.1998 bezeichneten privatschriftlichen letztwilligen Verfügung v. 14.4.2000 zählte die Erblasserin u.a. den hier betroffenen Grundbesitz als Bestandteil des auf den Antragsteller übergehenden Erbes auf. Weiter heißt es in der Verfügung:
"Mein Ehemann kann zu seinen Lebzeiten nach eigenem Gutdünken und Bedürfnis mit diesem Erbe verfahren; dazu gehört auch, dass er das Haus in O3-O1, sowie das Grundstück in O2 veräußern kann."
Zu dem Vermögen der Erblasserin gehörte außer den in der Verfügung v. 14.4.2000 aufgeführten Gegenständen weiterer Grundbesitz in O2, der ihr durch notarielle Urkunde des Verfahrensbevollmächtigten vom ... 12.1995 - UR.-Nr. .../1995 - von ihrem Vater übertragen worden war. In dieser Urkunde hat die Erblasserin ferner den ihr übertragenen Grundbesitzes ihren beiden Kinder aus erster Ehe als Vermächtnis zugewendet. Diese wiederum ordneten sowohl hinsichtlich der ihnen von ihrem Großvater übertragenen als auch von der Erblasserin vermachten Anteile an dem Grundbesitz Vermächtnisse zu Gunsten ihrer Abkömmlinge an. Wie in einer Ergänzung dieses Erbvertrags in notarieller Urkunde des Notars N1 N2 vom ... 11.1997, die die Anordnung einer Testamentsvollstreckung hinsichtlich der Vermächtnisse enthält, ausgeführt wird, sollte das 1995 übertragene Vermögen nicht durch Erbfolge auf Schwiegerkinder übergehen, sondern innerhalb der Blutsverwandtschaft zu den Großeltern übertragen werden.
Das Grundbuchamt forderte den Antragsteller mit Schreiben vom ... 11.2001 zur Beantragung der Berichtigung auf und verlangte die Vorlage einer Erbscheinsausfertigung, da wegen des privatschriftlichen Testamentes v. 14.4.2000 offen sei, ob der Antragsteller unbeschränkter Vollerbe geworden oder entsprechend dem Erbvertrag Vor- und Nacherbschaft eingetreten sei. Dies könne nur im Erbscheinsverfahren festgestellt werden.
Der Antragsteller hat unter dem 13.6.2002 Grundbuchberichtigung unter Verweis auf die Nachlassakten beantragt.
Mit Zwischenverfügung v. 21.8.2002 hat das Grundbuchamt die Grundbuchberichtigung von der Vorlage eines Erbscheins nach der Erblasserin abhängig gemacht.
Mit seiner Beschwerde hat der Antragsteller demgegenüber vorgetragen, ein Erbschein als Grundlage der Eigentumsumschreibung dürfe nicht verlangt werden, da die privatschriftliche Erklärung der Erblasserin keine Änderung des Erbvertrages darstelle. Dass der Antragsteller danach zu Lebzeiten nach Gutdünken und Bedürfnis mit dem Erbe verfahren, insb. auch den Grundbesitz veräußern dürfe, bedeute keine Abweichung zur befreiten Vorerbschaft entsprechend dem Erbvertrag.
Das LG hat nach Nichtabhilfe des Grundbuchrechtspflegers die Beschwerde zurückgewiesen und ausgeführt, bei der Prüfung, ob der Erbvertrag für die Erbfolge maßgeblich sei, müsse auch die als "Vermächtnis" bezeichnete Verfügung der Erblasserin berücksichtigt werden. Diese könne auch dahin ausgelegt werden, dass der Antragsteller unbeschränkter Vollerbe werden solle, wofür schon die bloße Existenz der Verfügung spreche. Wenn darin keine Abweichung von dem Erbvertrag liegen sollte, hätte die Erblasserin sie nicht treffen müssen. Es bedürfe daher weiterer Ermittlungen über den Willen der Erblasserin, die nur im Erbscheinsverfahren mögliche seien.
Mit seiner weiteren Beschwerde hat der Antragsteller vorgetragen, er sei selbst nicht der Auffassung, Vollerbe geworden zu sein, da die Erblasserin gewünscht habe, dass das von ihr geschaffene Vermögen im Stamm ihrer Familie habe bleiben sollen.
Die Erblasserin habe nur klarstellen wollen, dass der Antragsteller bei bestimmten Gegenständen berechtigt sein sollte, diese zu veräußern und den Erlös zu verbrauchen. Wenn die Erblasserin den An...