Entscheidungsstichwort (Thema)

Örtliche Zuständigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterliegt die örtliche Zuständigkeit in vollem Umfang der Überprüfung durch das Beschwerdegericht.

 

Normenkette

FGG § 20 ff., § 27

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 03.01.2001; Aktenzeichen 2/13 T 169/00)

AG Bad Homburg (Aktenzeichen 4 VI H 116/94)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch darüber zu befinden haben wird, wer die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen hat.

 

Gründe

Der Erblasser war mit der Beteiligten zu 1) in zweiter Ehe verheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die. Beteiligten zu 2) und 3) sind die aus der ersten Ehe des Erblassers stammenden Kinder. Das Amtsgericht Bad Homburg v. d. H. hat durch Beschluss vom 04.07.2000 (Bl. 369 ff d. A.) angekündigt, den Beteiligten zu 2) und 3) einen Erbschein erteilen zu wollen, der diese als Miterben je zur Hälfte ausweist.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das Landgericht durch Beschluss vom 03.01.2001 (Bl. 395 ff d. A.) den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Sache zuständigkeitshalber an das Amtsgericht Stuttgart verwiesen. Das Landgericht hat zur örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Stuttgart ausgeführt, nach sämtlichen Zeugenaussagen stehe fest, dass der Erblasser bereits seit mehreren Jahren nicht mehr tatsächlich in Bad Homburg einen Wohnsitz gehabt habe, sondern lediglich aus formalen Gründen bei seinem Bruder amtlich gemeldet gewesen sei. Mithin sei entscheidend, wo der Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalls seinen Wohnsitz bzw. Aufenthalt gehabt habe. Nach Aussage der Zeugin Kurfeß sei der Erblasser im Frühjahr 1994 von seiner Firma entlassen worden und habe den Umzug nach Stuttgart organisiert, wo er mit der Zeugin habe zusammenleben wollen. Auf der letzten Fahrt seines Umzugs von Spanien nach Deutschland sei er tödlich verunglückt. Mithin sei er im Begriff gewesen, Wohnsitz und Aufenthalt in Stuttgart zu begründen. Der dafür ausreichende Domizilwille ergebe sich aus der Aufgabe seiner Wohnung in Spanien verbunden mit dem fast vollständig durchgeführten Umzug nach Stuttgart, wo der Erblasser künftig mit der Zeugin … zusammenleben wollte. Wohnung und Aufenthalt habe der Erblasser in Spanien bereits aufgegeben, weshalb die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Stuttgart gegeben sei.

Das Notariat Stuttgart-Mühlhausen II hat als Nachlassgericht die Sache an das Amtsgericht Bad Homburg mit dem Bemerken zurückgeschickt, dass die Abgabe eines Nachlassverfahrens nach fast 7-jähriger Verfahrensdauer unzulässig sei (Bl. 400 ff. d. A.). Das Amtsgericht Bad Homburg hat die Sache daraufhin an das Landgericht weitergeleitet. Das Landgericht wiederum hat das Verfahren dem Oberlandesgericht zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 FGG vorgelegt.

Zwischenzeitlich haben die Beteiligten zu 2) und 3) Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluss erhoben. Die Beteiligte zu 1) hat erklärt, sie hätte dem Landgericht gegenüber zwar an der Zuständigkeit des Amtsgerichts Bad Homburg festgehalten, sei aber jetzt bereit, den landgerichtlichen Beschluss zu akzeptieren.

Die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) führt zur Aufhebung der Sache und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, denn die Ausführungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Landgericht die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts geprüft hat. Das Landgericht hat hierbei seine Überprüfungskompetenz nicht überschritten. Entgegen der Auffassung des Notariats Stuttgart-Mühlhausen II unterliegt die örtliche Zuständigkeit in vollem Umfang der Überprüfung in der Beschwerdeinstanz (OLG Düsseldorf, ZEV 1997, 459). Eine Bindungswirkung ist nicht dadurch eingetreten, dass das Amtsgericht Bad Homburg v. d. H. seine Zuständigkeit bejaht hat.

Die vom Notariat Stuttgart-Mühlhausen II herangezogene Kommentarstelle (Keidel-Kuntze-Winkler, FGG, 13. Aufl., § 73 Rn 51) stützt die Auffassung des Notariats Stuttgart-Mühlhausen II nicht. Die Kommentarstelle betrifft die Fortdauer der Zuständigkeit des Nachlassgerichts und setzt gerade eine einmal gegebene örtliche Zuständigkeit voraus.

Die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht wie in der Zivilprozessordnung durch die §§ 512 a, 549 II ZPO beschränkt worden. Die Vorschriften über die Einlegung einer Beschwerde (§§ 20 ff, 27 FGG) enthalten keine Verweisungen auf die genannten ZPO-Vorschriften. Aus den sonstigen FGG-Vorschriften ergibt sich ebenfalls keine Einschränkung der Prüfungskompetenz hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit. § 7 FGG bestimmt zur Frage der örtlichen Zuständigkeit lediglich, dass gerichtliche Handlungen nicht aus dem Grund unwirksam sind, weil sie von einem örtlic...

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